Was wurde aus … “Alle unter einem Dach”?

Vor der Kamera gab es Friede, Freude, hin und wieder sogar Eierkuchen. Hinter den Kulissen endete alles mit Drama, Tränen, Neid und Missgunst. Doch von Anfang an: Eigentlich sollte es in „Alle unter einem Dach" (1989-1998) einfach nur um eine schrecklich nette Chicagoer Vorort-Sippe gehen: die Winslows. Da war die resolute Sicherheits-Beamtin Harriette (JoMarie Payton) und ihr Mann, der gutherzige Polizei-Sergeant Carl (Reginald VelJohnson). Ihre schlaue und schöne Teenager-Tochter Laura (Kellie Shanygne Williams). Der nicht ganz so schlaue Sohn Eddie (Darius McCrary) und die jüngste Tocher Judy (Jaimee Foxworth) - nicht zu vergessen die fidele Oma Estelle (Rosetta LeNoire).

Was fehlte noch bei „Family Matters" (wörtlich übersetzt „Familienangelegenheiten")? Ein echter Held. Einer, der aus der arg liebevollen Reihenhäusigkeit herausbrach: Steven Quincy Urkel (Jaleel White).
Erst in der elften Folge - und erst ab der zweiten Staffel regelmäßig - klopfte dieser bebrillte, quäkende, seltsam alterslos wirkende Nachbarsjunge an die Tür der Winslows: Nervensäge, genialer Erfinder, Trottel, euphorischer Liebhaber von Insekten, Polka und Käse, hemmungsloser Romantiker, "BMW Isetta"-Fahrer, Hosenträger-Träger, zwanghafter Interieur-Zerstörer . . . Alles in allem: Ein Witzbold mit einem Herz aus Gold - und die bizarrste Sitcom-Figur der 90er-Jahre.

Jaleel White
Er allein machte aus einer mäßig erfolgreichen Serie einen echten Hit - beachtliche neun Jahre lang. 1991, auf dem Höhepunkt, stand „Alle unter einem Dach" mit über 14 Millionen Zuschauern auf Platz 15 der erfolgreichsten US-Sendungen überhaupt. Der damals 13-jährige White brachte den Erfolg - und mächtig Spannung ans Set: „Als er nach und nach der Star am Set wurde, gab's jede Menge verletzte Gefühle", verriet sein Co-Star Reginald VelJohnson.

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Doch sogar der Darsteller des Trottels mit der Donald-Duck-Stimme selbst hatte irgendwann die Nase voll von seiner One-Man-Show (neben Urkel spielte White ja auch noch dessen Alter Ego, den smoothen Stefan Urquelle, und die Südstaaten-Cousine Myrtle). In einem Interview kurz nach dem Ende der Show sagte White: „Wenn Sie mich jemals wieder sehen, wie ich diese Figur spiele: Erlösen Sie mich aus meinem Elend und jagen Sie eine Kugel durch meinen Kopf." Andere großen Rollen hat der heute 34-jährige Comedy-Star seitdem allerdings auch nicht gespielt.

Reginald VelJohnson
Er wurde berühmt als der nahezu perfekte Ehemann und Vater. Im echten Leben ist der New Yorker bis heute unverheiratet - und nach eigener Aussage auch nicht gerade wild auf Nachwuchs. Genauso wenig wie auf sein Image des Gute-Laune-Bärs: „Ich würde lieber richtig böse Rollen spielen. Die haben mehr Charakter." Trotzdem schwören alle Kollegen, dass VelJohnson der sympathischste Kerl ist, der jemals vor einer TV-Kamera stand. Seit dem Ende von „Alle unter einem Dach" machte er vor allem Werbung und spielte Gast-Rollen in u.a. „Monk", „Bones" oder „Ghost Whisperer".

JoMarie Payton
Was kaum jemand weiß: Ursprünglich sollte sie
der Star der Show sein - die als Spin-off der bei uns erfolglosen
US-Hitserie „Ein Grieche erobert Chicago" entwickelt wurde. Bereits da
spielte Payton ihre Rolle als Harriette. Kein Wunder, dass sie nicht
amüsiert war, als ihre eigene Serie nach kurzer Zeit von Jaleel White
geradezu gekidnappt wurde. Ihre Wünsche, dass sich „Family Matters"
wieder mehr um die Familien-Angelegenheiten der Winslows drehen
sollten, blieben von den Produzenten unbeachtet. Nach acht Jahren hatte
sie endgültig genug von der immer groteskeren Freak-Comedy und stieg
entnervt aus. „Die Serie ließ meine Kreativität stagnieren", erinnerte
sie sich später. „Am Tag nachdem ich gegangen war, fühlte ich mich so
leicht und glücklich wie seit Jahren nicht." In der letzten Staffel
übernahm Judyann Elder Paytons Rolle. Die wiederum war seither in
Serien wie „Eine himmlische Familie" oder „Will & Grace" zu sehen -
und nahm ein Jazz-Album („Southern Shadows") auf.

Darius McCrary
In den 80er Jahren wurde der Eddie-Darsteller als hochbegabter Kinder-Star gehandelt und beeindruckte in den Kino-Filmen „Big Shots" und „Mississippi Burning". Heute spielt der 35-jährige, zweifach geschiedene Kalifornier in der US-Seifenoper „Schatten der Leidenschaft" - und will auch als Sänger durchstarten. Gerade hat er mit Hilfe der R'n'B-Legende Chaka Khan sein Debüt-Album „The Dissertation of Darius McCrary" fertiggestellt.

Kellie Shanygne Williams
Laura Winslow und Nachbar-Nerd Steve
verband eine geradezu shakespearesche Beziehung aus Ablehnung und
unsterblicher Liebe. Tatsächlich waren die Teenager-Darsteller
jahrelang so etwas wie beste Freunde und Verbündete am Set. Nach dem
Serien-Aus ging Williams an die Uni UCLA und studierte Psychologie. Im
Fernsehen war die heute 36-Jährige nur noch in kleinen Rollen zu sehen.
Williams ist seit 2009 verheiratet und hat eine einjährige Tochter.

Jaimee Foxworth
In der Serie ein Rätsel, im wahren Leben eine Tragödie: Irgendwann am Ende der vierten Staffel ging die kleine Judy die Treppe hoch in ihr Zimmer - und ward nie mehr gesehen. Still und heimlich wurde die Rolle aus der Show geschmissen (und von den anderen Figuren nie wieder erwähnt), offiziell aus Budget-Gründen. Plötzlich fand sich der Kinder-Star zurück in seinem „alten" Leben, in der alten Schule - völlig unvorbereitet und ohne Freunde. Wenige Jahre später wurde Foxworth alkohol- und tablettenabhängig (2008 tauchte sie in der Reality-Show „Celebrity Rehab" auf), hielt sich schließlich als Porno-Darstellerin namens „Crave" über Wasser. Heute ist sie 31 und hat einen zweijährigen Sohn.

Rosetta LeNoire, Darstellerin der Oma Winslow, war Zeit ihres Lebens eine engagierte Bürgerrechtskämpferin - und eine New Yorker Theater-Legende: Sie debütierte 1936 in Orson Welles' „Macbeth". 2002 starb sie mit 90 Jahren.

Die traurigste Geschichte aber handelt von Michelle Thomas: Darstellerin der unvergesslich verrückten Schülerin Myra Boutros Boutros Monkhouse, die ihren On/Off-Boyfriend Urkel so abgöttisch liebte. Die schöne, hochmusikalische Michelle (ihr Vater Dennis ist Saxofonist bei Kool & the Gang) war ein echtes Comedy-Talent. Im Sommer 1997, kurz vor Dreh-Schluss der Serie wurde bei ihr eine seltene Form von Magenkrebs festgestellt, an der sie über ein Jahr lang litt. Zwei Tage vor Weihachten 1998 starb sie in einem New Yorker Krankenhaus, im Alter von nur 29 Jahren.

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Bilder: AP, Getty Images, ddpimages