„50 Jahre ZDF – Die große Jubiläumsshow“ Teil 2: Gottschalk überstrahlt sie alle

Als Maybrit Illner um kurz vor 23 Uhr die ultimative Lieblingssendung der Zuschauer, die online abstimmen konnten, verkündet, ist ein Teil des ZDF-Stammpublikums wahrscheinlich schon vor dem Fernseher eingedöst. Der Rest wird sich die Augen gerieben haben: Dass eine Sendung für die ganz Jungen („1, 2 oder 3“) die Silbermedaille noch vor „Wetten, dass…?“ einheimst und die freche, respektlose „heute-show“ das Goldene Mainzelmännchen abstaubt, ist dann doch eine echte Überraschung und spricht entweder für den Eigensinn des ZDF-Publikums – oder aber für mangelnden Internetzugang bei der Generation 60 plus.


Solch angenehme Überraschungen fehlen ansonsten leider fast gänzlich im zweiten Teil der großen Jubiläumsshow zum 50. Geburtstag des Mainzer Kanals. Beschwingt, aber sehr routiniert werden die guten, alten Zeiten abgefeiert, als man ohne private Konkurrenz mit Straßenfegern wie „Der Hexer“ oder Showformaten wie „Dalli Dalli“ noch die Innenstädte menschenleer bekam, weil alle vor der Flimmerkiste saßen. Auch die mit „großes Familienfernsehen“ betitelten Soap-Vorläufer (von „Ich heirate eine Familie“ über „Die schnelle Gerdi“ bis „Diese Drombuschs“) werden gebührend gewürdigt, und den beliebten Hauptdarstellern Senta Berger, Grit Boettcher und Peter Weck wird auf der Couch Belangloses entlockt. Der ehemalige Kinderstar Thomas „Tommi“ Ohrner darf auch Platz nehmen, um über die Rolle seines Lebens als „Timm Thaler“ zu resümieren. Rührend seine Erzählung von jeder Menge Groupies vor dem Reihenhaus seiner Familie – die Autogrammjäger hatten die Adresse ganz einfach über das Telefonbuch herausbekommen.

Dass das Zweite in Sachen Kinderfernsehen auf Augenhöhe immer schon ziemlich weit vorne war, wird bei der Erinnerung an die „Rappelkiste“, „Neues aus Uhlenbusch“ und „Löwenzahn“ mit Peter Lustig deutlich. Natürlich darf auch der Sport nicht fehlen, und so wird mit Dieter Kürten, dem Altvorderen des „aktuellen sportstudio“ auf die obligatorische Torwand gekickt. Und auch die episch aufbereiteten Filmstoffe über Aufstieg und Fall großer Familiendynastien (meistens mit Mario Adorf), mit denen auch die Biographie dieses Landes erzählt wurde, gehören zum Fernsehleben der Deutschen einfach dazu. Aller Deutschen, wie immer wieder angemerkt wurde, denn in der DDR war das heimliche Westsender-Gucken weit verbreitet.

Und dann geht es doch noch um eine echte Legende: „Wetten, dass..?“-Erfinder Frank Elstner und seine Nachfolger Thomas Gottschalk, Wolfgang Lippert und Markus Lanz entern die Bühne (natürlich auf einem Bagger) und plaudern aus dem Nähkästchen, dass es eine Freude ist. Die vier unterhalten mit Anekdoten über ihre liebsten Wetten, Mickey Rourkes Schweißfüße und Erinnerungen an unangenehme Bäder – im Bodensee wie im Senffass. Einer überstrahlt sie alle: Thomas Gottschalk ist bestens gelaunt und in Erzählstimmung. Seine farbigen Darstellungen vom Kontakt mit internationalen Größen (mit Paul McCartney im Duschraum), eine Hommage an Harald Juhnke („Wir sind nur Unterhalter, aber er war auch ein souveräner Tänzer“) und eine gut gemeinte Aufmunterung für den arg gebeutelten Markus Lanz („Irgendwie wird da was kommen, das es noch nicht gegeben hat“) geben der Show kurzfristig Witz und einen fast glamourösen Schwung – und das ganz ohne Zutun von Maybrit Illner, die Gottschalk spätestens zu diesem Zeitpunkt die Moderation hätte überlassen sollen.

Als der große Udo Jürgens seinem Haussender mit „Vielen Dank für die Blumen“ gratuliert, drängt sich trotz der gelungenen Darbietung der ungute Eindruck auf, dass dieser selbstgeschnürte Blumenstrauß eine ziemlich eitle Angelegenheit ist. Liegen die großen Zeiten des Zweiten doch schon länger zurück, und sind Publikumslieblinge wie die „heute-show“ eine rare Ausnahme im seichten Schunkelprogramm zwischen Kochsendung und „Bergdoktor“. Alles Gute, ZDF – hoffentlich ist das Votum des Publikums ein Ansporn. Und nicht einschlafen!