Brillante Guttenberg-Satire: “Der Minister” bei SAT.1

Ein gutaussehender Minister mit Nickelbrille und zurückgegeltem Haar? Einer, der Manieren ausstrahlt und so tut, als brächte er den Anstand zurück in den Politikbetrieb? Einer, der am Ende dann leider doch über eine plagiierte Doktorarbeit stolpert? Ja, das kommt einem sehr bekannt vor. Dass sich hinter der hier erzählten Lebensgeschichte des Franz Ferdinand von und zu Donnersberg in Wahrheit Aufstieg und Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg verbergen, wird kaum kaschiert. Mit feinem Witz und brillanter Figurenzeichnung schrieb Grimme-Preisträgerin Dorothee Schön ("Frau Böhm sagt Nein") die wohl beste deutsche Polit-Satire seit dem Filmklassiker "Schtonk" von 1992. Neben dem starken Kai Schumann in der Titelrolle als "Der Minister" sowie Johann von Bülow als seinem lebenslangen "Ghostwriter“ kann man in der wohl geistreichsten SAT.1-Eigenproduktion seit Jahren noch die beste Nebenrolle bewundern, die 2013 in einem deutschen Film zu sehen sein wird: Theater- und Filmlegende Katharina Thalbach spielt Angela Merkel, Verzeihung: Angela Murkel.

Es beginnt in der Kindheit. Der kleine Ferdinand ist vielleicht nicht der hellste Kopf seiner bayerischen Provinz. Und doch kann er auf eine Reihe anderer Stärken bauen. Die adelige Familie rund um Vater Rochus (Walter Sittler) hat die Gegend voll im Griff und damit Einfluss auf Ferdinands kuschende Lehrer. Dazu sieht der Junge blendend aus und verfügt über eine geschliffene altmodische Sprache, die zwar kaum jemand versteht, aber dafür extrem gut rüberkommt. Die vielleicht größte Stärke des einem legeren Spaß- und Luxusleben verpflichteten Jungadeligen ist aber sein kluger Freund Max Drexel (später: Johann von Bülow). Schon in der Schule lässt Max Kumpel Ferdinand abschreiben und legt ihm bei öffentlichen Auftritten die richtigen Worte in den Mund.

Als Ferdinand sich auf Anraten des Vaters und in Ermangelung eigener Ideen von der dem Donnersberg-Clan ergebenen Landbevölkerung als Abgeordneter in den Bundestag wählen lässt, beginnt er erst mal als Hinterbänkler in der von Kanzlerin Angela Murkel geführten Koalitionsregierung. Als die Kanzlerin nach dem überraschenden Rücktritts ihres Wirtschaftsministers schnell einen Ersatz aus von Donnersbergs Partei benötigt, ziehen Ferdinand und Freund Max unerwartet ins Ministerium ein. Ferdinands PR-süchtige Gattin Viktoria (Alexandra Neldel) bejubelt diesen Karriereschritt. Nur Max‘ von den drei kleinen Kindern gestresste Frau Lisa (Stefanie Stapenbeck) macht Druck auf ihren Mann, dass dieser doch bitteschön deutlich weniger arbeiten möge, damit sie sich auch mal wieder um ihre Karriere als Ärztin kümmern kann. Für derlei "Familienpolitik" ist im Berliner Politikzirkus jedoch wenig Platz, die Karriere des Ferdinand zu Donnersberg geht schließlich gerade durch die Decke. Mit Hilfe des mächtigen Boulevard-Chefredakteurs Jan Breitmann (Thomas Heinze) wird der gutaussehende junge Minister medial zur großen deutschen Polit-Hoffnung aufgebaut, sein Weg ins Kanzleramt scheint vorgezeichnet.

Natürlich wissen wir, wie die Geschichte endet. Dass dem gestressten Max zwischen Windelnwechseln und Essenwarmmachen ein paar mehr nicht gekennzeichnete Zitate als erlaubt in Ferdinands Doktorarbeit gerutscht sind - man kann es in der Hektik und dem Größenwahn des hier geschilderten Aufstiegs nachvollziehen. Dennoch ist die von Uwe Janson mit feiner Hand inszenierte Politkomödie keineswegs so zotig oder klamottig geraten, wie sie hätte werden können. Das liegt daran, dass Drehbuchautorin Dorothee Schön ihre Figuren ernst nimmt und ihnen nicht nur brillant scharfsinnige Dialoge schreibt - viele davon übrigens Originalzitate der Figurenvorbilder - sondern auch eine Menge Charakter und Tiefe in ihre doch so herrlich leichten Psychogramme mit einbaut. Dass die Guttenberg-Satire dazu auch ein großartiger Schauspielerfilm ist, macht sie zu einem der wohl seltenen SAT.1-Kandidaten für diverse renommierte Fernsehpreise.

Trotz der Qualitätsoffensive gilt es festzuhalten: "Der Minister" ist nicht Privatfernsehen goes öffentlich-rechtlich. Der Film transportiert stattdessen eine eigene Ästhetik mit Mut zur Leichtigkeit inklusive politischer Unkorrektheiten, die man sich so bei ARD oder ZDF irgendwie nicht so recht vorstellen kann. Produzent Nico Hofmann sagt über "Der Minister", SAT.1 sei der einzige Sender gewesen, der diesen Film so machen wollte. Nun dürfte er das künstlerische Aushängeschild von SAT.1 in diesem Jahr werden. Eines, dass sich dazu ein Riesenlob verdient, weil es mit der Politsatire ein in Deutschland absolut brachliegendes Filmgenre ebenso unterhaltsam wie klug wiederbelebt.

("Der Minister", Dienstag, 12. März, 20.15 Uhr, SAT.1)

"Kalkofes Mattscheibe Rekalked"