„Das Supertalent”-Finale: „Advent, Advent, die Bühne brennt”

Es weihnachtet sehr, natürlich auch bei Deutschlands wohl trashigster Castingshow-Endrunde. Gut, Tannenbäume und Kunstschnee bleiben den Zuschauern des Talent-Theaters erspart. Dafür glitzern Deko und Kostüme greller als handelsübliches Lametta es je könnte und die zehn Final-Acts werden mit einer dicken Schicht Zuckerguss überzogen, die klebrigen Lebkuchen in punkto Unverdaulichkeit in nichts nachsteht. Fehlt zum gelungenen Mist-, Pardon, Christfest ja eigentlich nur noch eines: ein paar Hohlkörper. Aber dafür gibt's ja die Jury um Dieter Bohlen.

Also „Licht aus, Jury an" (Daniel Hartwich): Schon beim ersten Anwärter auf den „Supertalent"-Thron, dem Thomas Anders-Imitator Mark Ashley, schwafeln die drei Preisrichter gewohnt substanzlos daher. Statt sich ernsthaft mit der Performance des Briten auseinanderzusetzen, verfallen sie in ihre ureigenen Rollen. Motsi Mabuse und Sylvie van der Vaart loben Mark über den Klee („Du bist unser Sonnenschein"), Dieter Bohlen klopft markige Sprüche: „Du bist der beste Modern Talking-Sänger der Welt — nach mir."

So geht's munter weiter. Egal, ob gute Leistung (Krücken-Akrobat Dergin Tokmak fliegt quasi über die Bühne) oder miese Darbietung (Punk-Pianist Jörg Perreten versaut „Nothing Else Matters" von Metallica) — Motsi und Sylvie finden per se alles großartig, und Dieter zieht sowieso seine ganz eigene Show ab. Nach einer wirklich beeindruckenden Tanz-Einlage von Kroate Miroslav Zilka witzelt er gewohnt unter der Gürtellinie: „Poppen (der Tanzstil von Miroslav, Anm. d. Red.) kannst du besser, aber ich länger."

Schade eigentlich, dass sich der blödelnde Pop(p)-Titan fortlaufend in den Vordergrund drängt — und den wirklichen Hauptpersonen des Abends nur eine Art Nebenrolle im großen Bohlen-Zirkus zugestanden wird. Da kann Italo-Schönheit Desire Capaldo also noch so hübsch trällern und Körperkünstler Oleksandr Yenivatov seine Extremitäten noch so unglaublich verzwirbeln, der eigentliche Star der Sendung steht auch ohne Publikums-Voting längst fest: „Für viele ist er der Dieter. Für uns ist er der Super-Dieter", so Moderator Marco Schreyl.

"Das Supertalent 2011": Alle Finalisten im Überblick

Trotzdem dürfen die Zuschauer dann doch noch ran. Nach mehr als drei Stunden Show übrigens, die wahlweise mit Bohlen-Gewäsch, rührseligen Kandidaten-Geschichten (oh weh, Sänger Sven Müller war früher spielsüchtig und Desire Capaldos Oma ist tot) oder irren Special Effects — mal sprüht ein Feuerwerk Funken, dann regnet es Rosenblätter — gefüllt werden. Und obwohl für Sylvie einfach „alle Gewinner" sind, hat das Publikum drei klare Favoriten: den 6-jährigen Pianisten Ricky Kam, Sven Müller und Panflötenspieler Leo Rojas.

Verdient hätten es selbstredend alle drei, irgendwie. Ricky vor allem deshalb, weil er so niedlich ist. Sven, weil er sowohl äußer- als auch stimmlich eine prima deutsche Version von „Britain's Got Talent"-Gewinner Paul Potts abgeben würde. Und Leo, weil bei seiner Darbietung des „Einsamen Hirten" nicht nur das Bühnenbild, sondern auch die Zuschauer Feuer fangen. Am Ende nimmt er wohl genau deswegen den „Supertalent"-Titel sowie 100.000 Euro Siegprämie mit nach Hause. Denn bei Leo heißt es schlicht: „Advent, Advent, die Bühne brennt!" (Dieter Bohlen)