Der Kieler “Tatort” mit Borowski: Wenn jeder weiß, wer’s war …

Dieser Mann ist zweifellos ein Irrer. Kai Korthals mordet, und keiner weiß wirklich, warum er das tut. Gelegentlich lassen sich die Macher des „Tatorts" auf ein solches Experiment ein. Wie hier im Falle des Kieler Kommissars Borowski, der von Axel Milberg gespielt wird. Der Zuschauer weiß also von Anfang an, wer der Mörder ist. Es geht nurmehr darum, auf welche Weise ihn Borowski finden und überführen wird. Im besten Falle klappt das wie früher beim humorigen Ermittler „Columbo". Aber es kann auch für alle Beteiligten zu einem ziemlich mühseligen Unterfangen werden - wie hier im „Tatort: Borowski und der stille Gast".

Kai Korthals wird von Lars Eidinger spielt. Ein später Senkrechtstarter in der Branche. Er gibt dem Serienmörder tatsächlich eine angsteinflößende Ausstrahlung, doch räumt ihm das Drehbuch von Sascha Arango leider wenig Möglichkeiten ein, tiefer in die Psyche des Täters einzudringen. Der Mann bleibt fremd.

Ganz offensichtlich lebt er heimlich in fremden Wohnungen. Er organisiert sich einen zweiten Schlüssel und beobachtet seine Opfer. Lange nimmt sich dieser „Tatort" Zeit, um all die Merkwürdigkeiten darzustellen, die Korthals ganz offensichtlich eine tiefe Befriedigung verschaffen. Er putzt sich mit der fremden Zahnbürste die Zähne, schnüffelt an allerlei Dingen, an denen man gemeinhin nicht gerne schnüffelt, und kratzt die Haare aus der Dusche. Und dann tötet er. In diesem Fall Carmen Kessler, die zuvor bei der Polizei aussagte, sie fühle sich verfolgt. Doch die Ermittler nahmen sie nicht ernst. Borowski bleibt nun nichts anderes übrig, als zumindest das nächste Verbrechen zu verhindern.

Nebenbei tut dieser „Tatort", was neuerdings alle „Tatorte" gerne tun: Er müht sich, seinen Kommissaren mehr Persönlichkeit zu verleihen, indem parallel neue private Problemfelder eröffnet werden. In diesem Fall deutete es sich in den Kieler „Tatorten" der Vergangenheit bereits an: Borowskis Kollegin Sarah Brandt, gespielt von Sibel Kekilli, ist krank. Und Borowski erfährt nun endlich auch davon. Sie leidet unter Epilepsie.

Ein etwas bemühter, spröder „Tatort" ist es also, den Regisseur Christian Alvart hier präsentiert. Nachdem in der vergangenen Woche bei den Kölner Kollegen Ballauf und Schenk bereits stilistisch kräftig experimentiert wurde, wünscht man sich schon mal wieder einen schlichten, stringenten Fall mit Leiche, vernünftiger Ermittlung und einem Überführen des Täters am Ende. Ohne zu viel vorwegzunehmen: Auch Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) wird am Sonntag, 16. September, 20.15 Uhr, im „Tatort" wieder vor eine äußerst ungewöhnliche Aufgabe gestellt.

("Tatort: Borowski und der stille Gast", Sonntag, 9. September, 20.15 Uhr, ARD)