„Die Wollnys 2.0“: Nachwuchs in Absurdistan

Endlich ist es raus. „Wir sind schwanger“, gesteht Sylvana Wollny ihrer Mutter. Es klingt nicht sehr erfreut. Als hätte sie Zweifel, ein Kind in diese Sendung zu setzen. Oder eher: in dieses abgefilmte Nichts. Seit zwei Jahren lebt Sylvana Wollny vor der Kamera, zusammen mit einer wechselnden Anzahl von Geschwistern. Acht sind es maximal. Wenn mal einer aussteigt, fällt es nicht so auf. Weil in dieser Sendung generell nichts mehr auffällt.

"Die Wollnys 2.0": Die Großfamilie aus der Scripted Reality erwartet Nachwuchs (Bild: RTL II)
"Die Wollnys 2.0": Die Großfamilie aus der Scripted Reality erwartet Nachwuchs (Bild: RTL II)


„Scripted Reality“ nennt sich das Ganze. Übersetzt heißt das soviel wie „Realität nach Drehbuch“. Die Idee: Man zeigt „echte“ Menschen in ihrer „normalen“ Umgebung, sagt ihnen, was sie tun sollen und verkauft das Ganze als Dokumentation. Vor zehn Jahren wäre das als Betrug am Zuschauer gewertet worden, inzwischen stört die Mischung niemanden mehr. Wahrscheinlich, weil sowieso niemand mehr glaubt, dass irgendeine Show im Privatfernsehen noch Überlappungen mit der Realität hat. Die Ansprüche, die man an ein Formate wie „Die Wollnys“ stellt, sind denkbar gering. „Scripted Reality“ ist der Groschenroman des Fersehens. Umso erstaunlicher, dass diese spezielle Sendung – anders als, sagen wir, „Die Ludolfs“ auf RTL – nicht mal als Trash-Unterhaltung funktioniert.

Das liegt weniger an den naturgemäß unbedarften Darstellern als eher am „Drehbuch“. Im Vergleich zu „Die Wollnys“ wirkt manches Schüler-Skript aus der Film-AG Oscar-verdächtig. Beispiel: die Pilotfolge von „Die Wollnys 2.0“. Um die Schwangerschaft von Sylvana soll es gehen und um die nächste Generation, die da – wenigstens noch ein paar Monate – ungefilmt heranwächst. Das Skript will es, dass diese Schwangerschaft von Nesthäkchen Sarah „entdeckt“ wird. Sie lauscht an der Tür, während ihre Schwester und deren Freund Florian über den Nachwuchs sprechen. Was folgt, ist einer der vielen kryptisch-unwitzigen Dialoge in dieser Sendung. Film ab.

Mama Wollny sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Auftritt Sarah:

− „Mama, wir kriegen Nachwuchs!“
− „Die Fische kriegen Nachwuchs? Komm, lass uns gucken!“

Schnitt ins Obergeschoss, wo Florian seine Guppy-Zucht betreibt. Und weil das mit dem Aquarium so lustig ist, geht es in der nächsten Einstellung mit zwei Paaren in einen „Fisch-Zoo“. Dort langweilen sich die Frauen so sehr, dass sie ihre Männer (zurück in der Casa Wollny) aussperren. Was das alles miteinander zu tun hat, weiß nur der Zufallgenerator, der die „Handlung“ dieser Show auswirft. Der Zuschauer hat an diesem Punkt längst aufgegeben, nach Restspuren von Sinn zu suchen. Das gilt auch für den „Romantikwettbewerb“, der nun folgt und der irgendwas mit tanzenden Männern in herzförmigen Primel-Arrangements, Wurstschnittchen und Schlagergedichten zu tun hat.

Was „Die Wollnys“ eigentlich sein sollen – Doku, Trash-Comedy, Sozialstudie – weiß wohl nur der Sender. Wenn überhaupt.