Neuer “Tatort” aus Stuttgart: Das Ende der Gemütlichkeit

Man kann über den Til-Schweiger-"Tatort" ja sagen, was man will. Aber ein muffiger Beamtenkrimi mit quälend-hölzernen Dialogstrecken war das nicht, was im April dem Publikum im Ersten vorgesetzt wurde. Fast scheint es nun, als hätte erst dieser völlig überdrehte Hamburg-Actioner daherkommen müssen, ehe im notorisch dürftig budgetierten ARD-Sonntagskrimi wieder der Wert einer ordentlichen Ballerei anerkannt wird. Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Roland Suso Richter setzen im atemlosen neuen SWR-"Tatort: Spiel auf Zeit" dankenswerterweise wenig auf Themenschwere und viel auf Feuerkraft. Mittendrin: die zuletzt allzu oft eingebremsten Stuttgarter Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare), die sich endlich mal wieder richtig austoben können im diesmal gar nicht schnarchigen Schwabenländle.

2009 zeichnete Autor Holger Karsten Schmidt schon einmal für einen Stuttgart-"Tatort" verantwortlich: Damals, im Fall "Tödliche Tarnung", wurde der Waffenhändler Victor de Man (Filip Peeters) dingfest gemacht, der einem nun, vier Jahre später, erneut begegnet. Der charismatische Widerling meldet sich aus seiner Zelle in Stammheim zu Wort. Angeblich kann er seinem alten Widersacher Lannert mit Informationen dienen, nachdem ein Schwerverbrecher aus dem Gefangenentransport befreit wurde. Einer der Vollzugsbeamten kam bei dem Überfall ums Leben. Vom Flüchtigen und seinen Komplizen fehlt vorerst jede Spur? Aber können die Kommissare dem gewieften Taktierer de Man trauen?

Sie tun es. Und fortan weht ein anderer Wind als gewohnt durchs ansonsten eher beschauliche Ländle. Türen werden eingetreten, Verdächtige vermöbelt. Lannert. Bootz und der wie immer großzügig dekolletierten Staatsanwältin Alvarez (Carolina Vera) rennt die Zeit davon. Am Ende rückt das SEK an, es rattern Hubschrauber Maschinenpistolen. Was für ein großer Action-Bahnhof!

Als wäre das nicht schon genug der Aufregung, wütet der sonst so freundliche Bootz diesmal äußerst angefressen (und mit fettigen langen Haaren!) durch die Szenerie. Seine Frau hat sich in einen anderen verguckt und will ihn verlassen. Bye-bye Spießerleben mit Eigenheim, Frau und Kind! Schade für den Kommissar, gut für den Zuschauer. Diese "Tatort"-Neugeburt unter Schmerzen macht richtig Laune.

("Tatort: Spiel auf Zeit", Sonntag, 26. Mai, 20.15 Uhr, ARD)

"Kalkofes Mattscheibe Rekalked":