“The Prisoner” im ZDF: Schmuckstück im Mini-Format

"Was zur Hölle ...?!" - Man kann es förmlich in Michaels Gesicht lesen: Er hat nicht den blassesten Schimmer, wo er da gelandet ist, geschweige denn wie. Mitten in einer wüstenähnlichen Landschaft wacht Michael auf einem Felsen auf - ohne Erinnerung. Um ihn herum weit und breit nur Sand und Steine. Die Bewohner der Stadt, auf die Michael mitten im Nichts stößt, scheinen irgendwie neben der Spur zu sein ... Die Anfangssequenz der sechsteiligen Mini-Serie "The Prisoner" lässt es schon vermuten: Es wird eine ganze Weile dauern, bis die Hauptperson Michael, gespielt von Jesus-Darsteller Jim Caviezel ("Die Passion Christi"), das Rätsel lösen kann, das ihn umgibt. Ob ihm der mysteriöse Anzuträger (Ian "Gandalf" McKellen), den alle "Zwei" nennen, dabei helfen kann? Zwei glänzende Hauptdarsteller, eine höchst hintergründige Story und Spannung mit Grips: Mit der britisch-amerikanischen Koproduktion "The Prisoner" holt das ZDF ein kleines Schmuckstück ins Programm.

Auf seine Fragen findet Michael zunächst keine Antworten, sondern nur weitere Fragen. Ratlos beobachtet er, wie eine Gruppe Männer einen alten Mann verfolgt, der verzweifelt zu flüchten versucht. Michael hilft dem verletzten Unbekannten, zerrt ihn in eine Höhle und rettet ihn vor den Verfolgern. "Finde 554 und sage, dass ich rausgekommen bin", stammelt der Alte, um kurz darauf seinen letzten Atemzug zu tun. Verzweifelt stolpert Michael darufhin durch die Wüste und stößt schließlich auf eine Stadt, deren Bewohner statt Namen Zahlen tragen, sich nur von Wraps zu ernähren scheinen und von Michaels Heimatstadt New York noch nie etwas gehört haben wollen.

Wie ein Tier sucht Michael, dessen Vorgeschichte bruchstückhaft in Rückblenden erzählt wird, nach einem Ausweg aus der Stadt ohne Namen, die auf den ersten Blick normal scheint, aber sich als albtraumhaftes Gefängnis ohne Gitter entpuppt. Nicht einmal sein eigener Name ist Michael mehr sicher: In seiner Tasche entdeckt er einen neuen Pass mit seinem Foto - und dem Namen Sechs. Der geheimnisvolle Anzugträger Zwei scheint alle Vorgänge in Der Stadt zu kontrollieren. Michael weiß: Nur er kann ihn zurück nach Hause bringen. Aber Zwei spielt Psycho-Spielchen mit ihm. Als Michael kurz davor ist, den Verstand zu verlieren, kritzelt eine Frau, 554 (Jessica Haines), eine Skizze von der Freiheitsstatue auf einen Zettel ...

Der Serien-Import ist das Remake eines Klassikers: Ab 1969 lief "The Prisoner" unter dem deutschen Titel "Nummer Sechs" schon einmal im ZDF. Der Hauptdarsteller der Neuauflge, Ian McKellen, erinnert sich noch gut an das Original: "Ich fand es damals schon sehr stylish, amüsant und pointiert." Die ursprüngliche Version entstand in einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche. Sowohl das Ende der Sowjetunion, als auch der Sozialismus und negative Zukunftsutopien vom Überwachungsstaat beeinflussten die Serie.

Das Remake von Regisseur Nick Hurran nach dem Buch von Bill Gallagher ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie gesellschaftskritischer Stoff aus einer anderen Zeit auf unterhaltsame Weise für die Gegenwart umgesetzt werden kann. Das kommt offenbar auf der ganzen Welt an: In über 100 Länder wurde die Mini-Serie bereits verkauft.

("The Prisoner", ab Montag 16.07., 23.50 Uhr, immer Montag Nacht im ZDF)