„Tatort: Der Eskimo“: Joachim Król brutal verkatert

Was ist denn da los, Herr Kommissar? Frank Steier (Joachim Król) hängt spätnachts noch am Tresen. Er kippt sich einen Klaren nach dem anderen hinter die Binde – obwohl er doch schon fast vom Bar-Hocker fällt. Die „Strafe“ folgt sofort auf den Fuß: Beim Nachhausestolpern durch ein ekelhaft kaltes, winterlich unwirtliches Frankfurt beobachtet er aus der Distanz, wie eine rot gekleidete Joggerin einen entgegenkommenden Läufer grüßt, anhält – und eiskalt absticht. Steier setzt sich in Gang, hetzt der Mörderin hinterher. Doch er muss sie ziehen lassen. Für mehr als ein bisschen Hilflosigkeit ist seine Pumpe einfach nicht mehr gemacht.

Kommissar Steier (Joachim Król) ertränkt seine Sorgen im Schnaps. (hr/Bettina Müller)
Kommissar Steier (Joachim Król) ertränkt seine Sorgen im Schnaps. (hr/Bettina Müller)

Zurück auf dem Revier muss sich der Einzelgänger, der sich am liebsten in sein Büro einsperrt und dort volllaufen lässt, schwere Vorwürfe anhören. Nicht einmal eine ordentliche Täter-Beschreibung bekommt er zustande. Und von dem Fall, der ja eigentlich fast buchstäblich vor seinen Füßen gelandet war, wird er natürlich auch sofort abgezogen. Als Tat-Zeuge ist Steier befangen. Dass ihn die Dienstvorschriften am Allerwertesten vorbeigehen, dürfte allerdings jedem Fan seines traditionell ruppigen Ermittlungsstils bekannt sein: Auf eigene Faust zieht Steier – so gut das eben mit hämmernden Kopfschmerzen geht – auf die Jagd. Sein erster Weg führt in mitten hinein in eine Vergangenheit, die er mal besser hätte ruhen lassen sollen.

In die Vergangenheit: Steier (Joachim Król) trifft seine Ex-Frau Julia (Jenny Schily) wieder. (Foto: hr/Bettina Müller)
In die Vergangenheit: Steier (Joachim Król) trifft seine Ex-Frau Julia (Jenny Schily) wieder. (Foto: hr/Bettina Müller)

Das Opfer der brutalen Bluttat war Lehrer an einem Frankfurter Gymnasium, das der Kommissar nur zu gut kennt. Dort unterrichtet seine Ex-Frau Julia (beeindruckend stark: Jenny Schily). Hinter beiden liegen eine zerbrochene Ehe und viel Gefühlsschutt. Doch es kommt noch schlimmer für Steier: Julia hat einen jungen Liebhaber, den sie schon bald heiraten möchte. Steier kommt das Kotzen. Heimlich spioniert er Lars (Volker Bruch) hinterher – und stößt auf bizarre Verbindungen ins Rotlichtmilieu.

Brutaler Rettungseinsatz: Der Kommissar muss zur Summe greifen. (hr/Bettina Müller)
Brutaler Rettungseinsatz: Der Kommissar muss zur Summe greifen. (hr/Bettina Müller)

Doch für die ganz große Moralpredigt bleibt keine Zeit: Denn Steier und seine neue Kollegin Linda Dräger („Fack ju Göthe“), der er nach bewährtem Kostproben-Muster den Berufsleben zur Hölle macht, werden an einen zweiten Tatort gerufen. Unter einer Main-Brücke hängt in einem blutgetränkten Sack ein zweiter Toter – wieder erstochen.

„Tatort: Der Eskimo“ erzählt eine grau in grau gehaltene, beklemmend ungemütliche Geschichte, die wirklich spannend ist, weil anders als so oft bis kurz vor Schluss vieles absolut rätselhaft bleibt. Mysteriöse Spuren führen etwa in die hermetisch abgeriegelte Welt der US-Militärbasen in Deutschland. Inszeniert wird der Krimi, mit dem der zuständige Hessische Rundfunk mit einem kleinen Meisterstück ins neue Jahr startet, im eher schleppenden als hektischen Tempo – bis der Film zum Finale hin dramatisch anzieht.

Joachim Król wird nur noch in einem weiteren Fall aus Frankfurt zu sehen sein. Zuvor schon hatte seine ehemalige Kollegin Nina Kunzendorf dem HR-„Tatort“ den Rücken gedreht. Es ist jammerschade, dass diese Könner den Dienst quittieren. „Tatort: Der Eskimo“ ist ein Beweis dafür, wie stark die Reihe wirken könnte, wenn man sie wirklich ernst nimmt.

(„Tatort: Der Eskimo“, Sonntag, 5. Januar, 20.15 Uhr in der ARD)