TV Total WOK-WM: Show rutscht in eisige Unterhaltungstiefen

Nunmehr zum neunten Mal recycelt ProSieben die "WOK-WM". Sportgroßereignis, Dauerwerbesendung, Raab-Spektakel - die live aus Innsbruck übertragene Reispfannen-Sause ist so ziemlich alles, nur irgendwie keine Gaudi mehr. Nach fünf Stunden Marathon-Sendung steht fest: Das Format hat seine besten Zeiten hinter sich. Neben zahlreichen Rodel-Assen und B-Prominenten, die auf der Eisbahn zum Teil mühselig gen Ziel rutschen, geraten nämlich auch die Quoten ins Schliddern: Lediglich 2,05 Millionen Fernsehgucker sind am Wettkampf interessiert.

Eigentlich hatten sich die Zuschauer vor den Bildschirmen genau wie die 6.000 vor Ort frierenden Schaulustigen nur auf eines gefreut: "heiße Duelle im Eiskanal". Doch was Moderator Matthias Opdenhövel derart großspurig ankündigt, will sich beim besten Willen nicht einstellen. Nicht einmal der bereits im Vorfeld versprochene Zickenkrieg zwischen Sarah Knappik und Jay Khan, die sich in RTLs Dschungelcamp kennen und hassen lernten, bricht aus: Jay wünscht einfach allen, inklusive seiner Intimfeindin, schlicht "gute Zeiten". Ähnlich handzahm gebärdet sich Fräulein "Dingens". In nach wie vor gebrochenem Englisch bezieht sie zwar ausführlich Stellung zum Rennen an sich ("It's the schwierigste Wok-race aller Zeiten"), auf die Eskalation im Urwald angesprochen, steht das Plappermaul aber plötzlich still. Die erhoffte Kakerlaken-Fehde reloaded bleibt also aus.

Stattdessen nehmen die beiden ungewohnt unauffällig im jeweiligen Vierer-Kochgerät die sieben bis vierzehn Meter hohen Kurven der 1270 Meter langen Bahn, die zu den anspruchsvollsten der Welt zählt. Sarahs Wok hat am Ende die Nase vorn: Nach zwei Durchgängen kann sich die Blondine gegen Jay durchsetzen - ganz ohne "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" von sich zu geben. Während ihr Team die Bronzemedaille ergattert, fällt die Wertung für den Boyband-Schönling wesentlich mieser aus: Kein Platz auf dem Treppchen, dafür eine vom Helm ruinierte Tolle.

Und dabei kämpft Knappiks Mannschaft zu Beginn des Wettbewerbs mit denkbar schlechten Rahmenbedingungen: Teammitglied Rolf Scheider fiel während eines Trainingsrennens in Ohnmacht. Von den Nachwehen der Besinnungslosigkeit - Seekrankheit und Brech-Attacken - gequält, tritt das Ex-Jurymitglied von "Germanys Next Topmodel" nun gar nicht erst an. Schuld sind die schwachen Nerven des 55-Jährigen: "Das sieht aus wie 'ne Kaffeefahrt, aber das ist so ein Stress, da willst du nur noch sterben." Das vorzeitige Eistunnel-Ableben bleibt Rolfe erspart - Bobfahrer Karl Angerer ersetzt den Angsthasen und lässt den Vierer-Wok, in dem neben Knappik auch Alida Kurras und TV-Richter Alexander Hold sitzen, von seinem wintersportlichen Know-how profitieren.

Überhaupt erweisen sich die angetretenen Profisportler wenig überraschend als Abräumer des Abends: Allen voran verteidigt der mehrfache Weltcup- und Olympia-Gewinner im Rodeln, Georg Hackl, bereits zum fünften Mal in Folge seinen Weltmeister-Titel im Einser-Wok. "Der Zeus des Wok-Sports", "Wokl-Schorsch" - Opdenhövel ist zu recht um keinen schmeichlerischen Spitznamen für den mittlerweile siebenfachen Medaillenträger des TV-Events verlegen. Co-Moderatorin Sonya Kraus fasst zusammen: "Mit dem Hackl Schorsch geht es einfach immer schneller bergab." Auch Rang zwei der Einzelwertung geht an einen Berufsathleten: Hackls Schützling Felix Loch, der seinerseits Olympia-Sieger ist, erfährt sich Silber. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Rangliste der besten Vierer-Woks ab: Den obersten Platz des Treppchens belegt die Gruppe um Bobstar Christoph Langen, das komplett mit Profis des Schlittensports besetzt ist.

Da haben Amateure wie Alexander Klaws, Axel Stein, Sandy Mölling oder Peyman Amin, die alle ihrerseits in einer der zehn Vierer-Mannschaften mitrodeln, natürlich kaum eine Chance. Ganz anders bei den Einzelkämpfern: Gut, Jürgen Milski, Schlagersternchen und ehemaliger Big-Brother-Teilnehmer, nimmt die Eisbahn eher gemütlich. Bereits in Durchlauf eins mimt er die "Queen" (Kraus), für den zweiten Anlauf nimmt er sich gar vor: "Eben habe ich gewunken, jetzt werde ich jeden einzeln begrüßen." Doch nicht alle Wintersport-Unkundigen stellen sich derart dilettantisch wie der schlussendlich Letztplatzierte an. Wir sagen nur: Ab geht die Luzie! Oder in diesem Fall Lucy Diakovska. Ihr sportlicher Ehrgeiz und einige Kilo Blei verhelfen dem einstigen "No Angel" zu einem respektablen dritten Rang. Und Stefan Raab? Der Erfinder der Sportart beendet den Contest als Vierter im Einzel- und Sechster im Vierer-Bob. Irgendwie beschreiben die Ergebnisse des Entertainers die Entwicklung der "TV Total WOK-WM" generell: Die goldenen Zeiten ungezwungener Unterhaltung, die sind definitiv vorbei.

Ergebnisse Einser-Wok:
1. Georg Hackl
2. Felix Loch
3. Lucy Diakovska

Ergebnisse Vierer-Wok:
1. Team Babybel (Christoph Langen, Sandra Kiriasis, Tatjana Hüfner, Manuel Machata)
2. Team Kung Fu Panda (Guido Buchwald, Sven Hannawald, Katrin Holtwick, Ilka Semmler)
3. Team Skechers (Sarah Knappik, Karl Angerer, Alida Kurras, Alexander Hold)

Bilder: ProSiebenSat.1 Media AG