„Wetten, dass.. ?“: Knäckebrottrockene Samstagabend-Havarie

„Spannender geht es nicht“, macht sich Markus Lanz gegen Ende der Sendung Mut. Da war bereits die zweite Wette in allerletzter Sekunde gerade noch so gewonnen worden. Lanz gleicht in diesem Moment nicht dem Kapitän, sondern dem Passagier eines zum Sinken verdammten Schiffes. Die Weihnachtsausgabe von „Wetten, dass.. ?“ gerät samt anhaltender Kritik am Moderator und dem Kampf gegen die zuletzt miesen Quoten zur Feuerprobe für Lanz und das gesamte Format.

Lanz und Becker: Seelenverwandte auf der Couch? (Bild: ZDF/Sascha Baumann)
Lanz und Becker: Seelenverwandte auf der Couch? (Bild: ZDF/Sascha Baumann)

„Wetten, dass.. ?“ und Boris Becker haben etwas gemeinsam: Sie sind Ikonen, deren Ruhm im Laufe der Jahrzehnte verblasst ist, und trotzdem rufen beide beharrlich: „Ich bin noch da!“ Wie passend, dass der ehemalige Tennisstar samt Gattin Lilly nun dort auf der Couch sitzt und an echte Freundschaften und familiäre Bindungen appelliert. Aus dem Chaos der letzten Jahre ist er „gut rausgekommen“. Und: „Vieles ist nicht wahr“, von dem, was man über ihn zu wissen meint, so Becker. Lanz nickt, und die hoffentlich nur einmalige Co-Moderatorin und Wiedergängerin Michelle Hunziker unterstützt die Plattitüden: „Ich bin sicher, 2014 wird ein tolles Jahr für Dich.“

2013 jedenfalls endet für „Wetten, dass.. ?“ in einem Unterhaltungsfiasko. Kein einziger der geladenen Prominenten kann einen guten Eindruck hinterlassen, und das liegt beileibe nicht nur an den Gästen selbst. Lanz ist unkonzentriert, stellt Fragen, die keine sind und kann es nicht lassen, seinen Gesprächspartnern ins Wort zu fallen. Die Gespräche ziehen sich wie Kaugummi. Was übrig bleibt, sind uralte Ossi-Kalauer über Bananen und Trabis, die Schauspieler und Parade-Sachse Wolfgang Stumph mit noch abgestandeneren Sprüchen über Mangelwirtschaft und die Wiedervereinigung pariert.

Auch Comedian Bully Herbig bleibt nicht viel mehr, als seinen neuen Film zu promoten, denn wenn es witzig wird, ist Lanz schon ganz woanders. Herbig bringt vorsorglich sein Pausenbrot in einer Tupperdose mit – er gehört nicht zur internationalen Prominenz, die die Couch, so schnell es eben geht, während der Sendung noch verlassen können. Wie gerne hätte man mehr von ABBA-Legende Björn Ulvaeus gehört, der in fließendem Deutsch immer wieder seinen Humor unter Beweis stellte („Den hautengen Anzug trage ich heute noch, aber nur noch für meine Frau“). Doch Lanz nutzt die Chancen nicht und lacht lieber – oft als einziger – über seine eigenen Witze.

Handreichung: ABBA-Weltstar und „Stubbe“, Zeugin Ina Müller (Bild: ZDF/Sascha Baumann)
Handreichung: ABBA-Weltstar und „Stubbe“, Zeugin Ina Müller (Bild: ZDF/Sascha Baumann)

Nicht mal Ina Müller, die Sängerin und Moderatorin mit der großen Klappe, kann in der tristen Runde punkten. Nach kurzen Ausführungen über Schlachtfeste auf dem platten Land und Hirnsuppe auf dem Viktualienmarkt kommt auch dieses Gespräch ins Stocken. Immerhin widerspricht sie Michelle Hunziker in dem Punkt, dass „das Leben mehr Sinn macht, wenn man Kinder bekommt“. Hut ab!

Wenn wenigstens die Wetten spannend wären… Doch leider überzeugen weder die sportlichen Selbstherausforderungen, noch die spätere Wettkönigin, die komplizierte Wörter in alphabetische Buchstabenreihen sortiert. Freak-Potential beweist eine sprachbegeisterte siebte Klasse, die anhand der Schreibgeräusche von Kreide auf einer Tafel Latein-Vokabeln erkennen kann. „Spezielle Kinder“ (Hunziker) ist ein schöner Ausdruck für diese Strebermannschaft.

Der Knäckebrot kauende Ehemann, dessen musikbegeisterte Frau anhand seiner Essgeräusche ABBA-Songs erkennt, ist schließlich der einsame surreale Höhepunkt einer ansonsten trockenen Samstagabendshow. Wenn es laut Markus Lanz spannender nicht geht, bleibt der abgehalfterten Grande Dame der Samstagabendunterhaltung nur die hoffnungsvolle Selbstbeschwörung: „Neues Jahr, neues Glück“. Oder – im Angesicht des Untergangs – dann doch ein neuer Moderator?