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„Wetten, dass..?”: Unterhaltungsdampfer in trübem Fahrwasser

„See you next time on the couch" — so verabschiedet sich Markus Lanz von Superstar Rihanna nach ihrer eleganten und wunderbar abgehobenen Gesangsperformance. Ein wahrscheinlich bald vergeblicher Wunsch nach weltbekannten Gästen, wenn sich über die deutsche Sprachgrenze hinaus herumspricht, was bei „Wetten, dass..?" für ein neues Klima herrscht.

Man kennt sich: Markus Lanz mit Nena, Florian David Fitz, Heino Ferch and Maria Furtwängler (v.l.) (Bild: Getty Images)
Man kennt sich: Markus Lanz mit Nena, Florian David Fitz, Heino Ferch and Maria Furtwängler (v.l.) (Bild: Getty Images)

Apropos Sprachgrenze: Die ist auf der Couch kein Problem. Alle Gäste der dritten Lanz-Show sind Deutsche, alle kennen sich, alle mögen sich, alle machen sich untereinander Komplimente und lachen über die (meist schalen) Sprüche des jeweils anderen. Trotzdem will keine Wohlfühlstimmung aufkommen, denn Moderator Lanz schafft es in ungeahnter Bravour, auch noch jeden so seltenen interessanten Gesprächsansatz wegzureden. Nach ein paar Sätzen wird desinteressiert unterbrochen, das Thema gewechselt oder abrupt zu Assistentin Cindy aus Marzahn geschaltet.

Die kann trotz aller Bemühungen das Steuerrad des dümpelnden Unterhaltungsdampfers auch nicht mehr herumreißen. Der schrille Berliner „Weihnachtsengel" ist zwar schlagfertiger als Lanz und beweist Vielfalt in diversen, dem Anlass angepassten Kostümen, aber illustriert in ihrer Andersartigkeit eben doch nur die gepflegte Langeweile, die drei Stunden lang fast durchgängig den Ton angibt. Schauspielerin Maria Furtwängler erzählt viel und gerne über ihren Mann, Komiker Karl Dall kommt immer wieder auf sein Alter zu sprechen und reißt die altbackenen wie immer gleichen Zoten. Nena, die in ihrer Überdrehtheit mehr an eine softe Nina Hagen erinnert, kann mit Küchenphilosophie ("Das Leben ist so schön") und halb garen esoterischen Tipps auch nicht punkten. Fast kann man Lanz verstehen, dass er inmitten dieses Geschnatters so oft sprachlos bleibt. Wären da nicht seine arroganten Aussetzer („Bevor wir weiter versuchen, miteinander zu reden, zeig uns mal, was du kannst") und die ständige Selbstbeschwörung und Schönrednerei. „Es ist eine vollkommen ausgeflippte Sendung", weiß er schon ganz zu Beginn. Und auch im zähen Verlauf ist alles, was da geboten wird, mindestens "sensationell" wenn nicht „spektakulär".

Die Weltstars bleiben nur kurz: Abschiedsblümchen für Rihanna (Bild: Getty Images)
Die Weltstars bleiben nur kurz: Abschiedsblümchen für Rihanna (Bild: Getty Images)

Dem müden deutschen Einheitsbrei aus einfallslosen Comedians wie Olaf Schubert, Schlagersängerin Helene Fischer und mehr oder minder bekannten Schauspielern (Heino Ferch und Florian David Fitz), die ihren nächsten Fernsehfilm promoten, fehlt eindeutig jede Würze. Wenn zu den Highlights zählt, dass Furtwängler und Nena zufällig das gleiche Kleid tragen und Dall den angebotenen Rotwein kritisiert, spricht das Bände.

Bei den Wetten dominieren klassische „Männerhobbys" aus dem Klischeebaukasten: Da wird (von Männern) auf balancierte Torwände geschossen, an Feuerwehrstangen heruntergerutscht, werden per Highkick Luftballons zerstört oder Holzsorten am Geruch ihrer Späne erkannt. Einzige Ausnahme bleibt die relativ spannende Außenwette, die auch wenig überraschend Wettkönig wird: In drei Minuten laufen 10 Kinder über eine lange Reihe von sich im Wasser eines Schwimmbeckens rollenden Kajakbooten samt Paddlern, die dafür zwischenzeitlich immer wieder mit dem Kopf unter Wasser müssen.

Mehr Action als in allen Wetten zusammen bündelt dagegen der Auftritt von Sängerin Pink. Sie singt live und bringt dazu eine atemberaubende akrobatische Kampfsport-Performance auf die Bühne. Echtes Weltniveau flammt auch bei den Darbietungen von Alicia Keys und dem Pianisten Lang Lang auf. Dieses Gefühl geht aber spätestens bei der neu eingeführten, wenig originellen „Lanz-Challenge" wieder verloren. Beim Kräftemessen zwischen dem Moderator und einem Duellanten aus dem Publikum soll ein bisschen „Schlag den Raab"-Stimmung aufkommen, und siehe da: Markus Lanz hat leichtes Spiel und gewinnt locker. Aber hier muss er ja auch nur Weihnachtsbäume absägen und eintüten und nicht mit Showmasterqualität und echtem Interesse auf Gesprächspartner wie Wettkandidaten (die Idee dieser Sendung!) eingehen.

Mogelpackung: Lanz strippt mit Kumpel und Fernsehkoch Schuhbeck (l.) (Bild: Getty Images)
Mogelpackung: Lanz strippt mit Kumpel und Fernsehkoch Schuhbeck (l.) (Bild: Getty Images)

Denkwürdiger wie unfreiwilliger Höhepunkt ist das Ende der Show: Bei der Einlösung eines verlorenen Wetteinsatzes tanzt und strippt Lanz mit vier Kraftpaketen von den Chippendales und wird — Überraschung! — dabei aufopfernd von seinem Freund, dem Fernsehkoch Alfons Schuhbeck unterstützt, in dessen Nähe er sich sichtlich entspannter fühlt. Nach dieser dritten Ausgabe von „Wetten, dass..?" scheint es immer klarer, dass Lanz im kleinen Format des Kochstudios besser aufgehoben ist als auf der großen Bühne. Das Samstagabendgefühl, das Thomas Gottschalk trotz aller Altherren-Attitüden stets herbeizuzaubern wusste, ist jedenfalls erstmal futsch. Schade!

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