„Wetten, dass.. ?“: Zähes Geplänkel im Vermeidungsmodus

Markus Lanz steht, dank missglückter Gesprächsführung im Interview mit Sahra Wagenknecht und dem darauf folgenden Shitstorm samt Online-Petition zum Zwecke seiner Absetzung, unter verschärfter Beobachtung. Er weiß das und wirkt bei der ersten Ausgabe von „Wetten, dass.. ?“ im neuen Jahr mit heiserem Frosch im Hals sichtlich angeschlagen. Anstelle seine Sicht der Dinge kurz darzulegen, sich eventuell auch noch mal vor großem Publikum bei der von ihm verbal ins Abseits gedrängten Politikerin zu entschuldigen, Besserung zu geloben, und diese gleich praktisch umzusetzen, entscheidet er sich aber für den leicht beleidigten, ironischen Rückzug ins Witzeln und Gar-Nicht-Mehr-Sprechen.

Sunnyboy in Abwehr: Markus Lanz steht unter Druck (Bild: ZDF)
Sunnyboy in Abwehr: Markus Lanz steht unter Druck (Bild: ZDF)

„Ich habe mir vorgenommen, es gemütlicher angehen zu lassen, mit Blick auf die letzen Tage ist mir das hervorragend gelungen, finden Sie nicht?“, fragt er das Karlsruher Publikum, das ihm den heilenden Applaus, um den er bettelt, auch nicht verwehrt. Ein schwachbrüstiger Start in eine erneut ebenso schwach geratene Ausgabe des heruntergewirtschafteten Klassikers der Samstagabendunterhaltung. Weil Lanz auf gar keinen Fall irgendwo anecken will, lässt er das Moderieren gleich ganz und übergibt immer wieder, wie erleichtert wirkend, an den redegewandten Proll-Komödianten Atze Schröder, der den Abend lang als eine Art Sidekick fungiert.

Lanz hält sich derweil krampfhaft zurück und lässt die wenigen Momente, in denen es interessant werden könnte, im Vermeidungsmodus ungenutzt vorbeiziehen. Derlei spannende Augenblicke sind allerdings rar gesät: Hollywood-Star Liam Neeson hätte sicher einiges zu erzählen, verlässt aber nach einer halben Stunde die Runde auf der Couch, er muss weiter nach Paris. Nun ist man wieder unter sich, im vertrauten Mief der deutschen Prominenz fühlt sich die Männergesellschaft aus Ruhrgebiets-Komiker Schröder, „Bergdoktor“ Hans Sigl und dem maulfaulen Nationalmannschaftsstürmer Max Kruse aber ganz wohl. Als auch noch Peter Maffay dazukommt, der zuvor sein neues Stück „Halleluja“ knödeln durfte, kommt es zur großen Allianz der deutschen Unterhaltungstristezza: „Über Sieben Tangas musst Du gehen“ ist Atze Schröders Vorschlag für das offizielle WM-Lied, „featuring Peter Maffay, the Bergdoktor and the Nationalmannschaft“. Da freuen sich die Herren, und Lanz kichert wegen des schlüpfrigen Witzes, der außer ihm niemanden mehr hinterm Ofen hervorholt.

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Zum einzigen Glück ist da noch Yvonne Catterfeld, die mit siebenmonatigem Babybauch, strahlender Schönheit und guter Laune die müde Männerrunde ein wenig auffrischt und sich auch von Helikopter-Moderator Lanz („Wir machen uns Sorgen, setz Dich“) nicht aus der Fassung bringen lässt. „Ich bin doch nicht behindert“, erwidert die Schauspielerin auf den x-ten Versuch, sie zu einer gebrechlichen Kranken zu stilisieren. Eine peinliche Pause entsteht, als sie auf die Frage was denn „geliefert wird“, auf ihre Privatsphäre besteht. Da weiß Lanz, der es scheinbar normal findet, solche intimen Fragen vor laufenden Kameras zu klären, kurz nicht weiter.

Auch die Wetten können bis auf eine Ausnahme keine echte Würze in den faden Brei bringen. Nicht mal ein Nacktflitzer bei der Außenwette, in der ein Autofahrer es nicht schaffte, eine Abfahrtspiste schneller hochzukommen, als Ski-Champion Hermann Maier auf Brettern herunter, kann den Abend noch ins Spektakuläre wenden. Wettkönig wird am Ende Joshua, der auch als Einziger seine Wette gewinnen konnte. Mit beeindruckender Körperbeherrschung erklimmt er drei Leitern auf nur einem Bein, um dann in fünf Metern Höhe Glühbirnen in ihre Fassung zu drehen. „Sensationell“, hyperventiliert Lanz, „Karlsruhe hält den Atem an“ – während der Rest der Fernsehnation wahrscheinlich wiederholt gelangweilt auf die Uhr schielt.

Als zum ersehnten Schluss Boxerin Regina Halmich die Stadtwette erfolgreich einlöst, und einhundert Karlsruher Bauarbeiter in voller Montur aufbietet, die sich zu „YMCA“ bewegen, kann Lanz es kaum fassen und liefert den unabsichtlichen wie traurigen Höhepunkt der Show: Sein Kumpel Atze Schröder gibt den Vortänzer, verkleidet als Lederschwuler mit Käppi und Schnurrbart. Eigentlich auf diesen gar nicht so absurden Auftritt bezogen, entfahren dem biederen Sunnyboy in der Karriere-Krise die unfassbaren, aber so passenden und allgemeingültigen letzten Worte, bevor die Eurovisionsmelodie erklingt und dem unwürdigen Treiben ein Ende macht : „Wir versuchen irgendwie, diese Bilder wieder aus dem Kopf zu kriegen. Das wird schwer, aber wir versuchen es.“