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„Das Supertalent 2012″: Recycling hoch drei

Recycling liegt im Trend, doch auch die besten Prinzipien haben Grenzen: Mittelbegabte Show-Wiedergänger braucht wirklich kein Mensch. Leider ist diese Erkenntnis bei den „Supertalent"-Machern noch nicht angekommen, denn dort gehören verhinderte Superstars mittlerweile zum festen Inventar. In der aktuellen Folge sind gleich drei von ihnen dabei.

Comeback? Bitte nicht! – Benni hat nun wirklich niemand vermisst (Bild: RTL)
Comeback? Bitte nicht! – Benni hat nun wirklich niemand vermisst (Bild: RTL)

An Benni Herd werden sich wohl nur die Älteren unter uns erinnern. Es ist schließlich schon vier Lichtjahre, äh, Jahre her, dass er sich bei „Deutschland sucht den Superstar" mit seiner großen Klappe als „geistesgestörter Checker" (Bohlen) profiliert hat. Nach dem Ende der Show folgten harte Jahre. Herd hielt auf dem Ballermann durch, verdingte sich mit Tellerwaschen, doch der Erfolg wollte nicht kommen. Heute soll es nun endlich soweit sein. Mit „Eisberg" von Andreas Bourani will er triumphieren, dafür hat er sich sogar eine Nerdbrille mit Fensterglas gekauft. Tatsächlich singt er die Nummer technisch perfekt, aber Herd will zu sehr, wirkt künstlich — und muss wieder nach Hause fahren. Vielleicht denkt er dort mal ernsthaft über eine Zweitkarriere nach.

„Wie viele Gummibärchen passen in eine Telefonzelle?"

Denselben Rat möchte man Nicolai geben, dem glatten Mentalisten, der mit seiner Gedanken-Lese-Show schon bei „The Next Uri Geller" erheblich langweilte. Diesmal errät er mithilfe eines Plüschziegelsteins, eines „magischen" Buchs und sinnentleerter Fragen à la „wie viele Gummibärchen passen in eine Telefonzelle?" mal wieder das Geburtsdatum eines Wildfremden. Wen juckt's? Die Jury, offensichtlich. Drei „Ja" gibt sie dem Mentalisten. Na ja.

Die dritte Wiedergängerin des Abends versteckt sich in einer Kiste. Magier Jochen Stelter zaubert etwas planlos daran herum, lässt sie langatmig schweben und wirft schließlich einen Blick ins Kisteninnere. „O Gott, es ist nackt", ruft er pseudo-erschrocken, und der Kisteninhalt weigert sich, etwas anzuziehen. Das Publikum ist da schon fast eingeschlafen. Dass schließlich Überraschungsgast und Nackt-DJane Micaela Schäfer in knapper Unterwäsche aus der Kiste steigt, reißt ebenfalls keinen vom Hocker. „Und jetzt könnt ihr mit dem Showact anfangen", meint Michelle Hunziker lapidar zum Schluss. Nur die lüsterne RTL-Kamera hat ihren Spaß, als sie Micaelas Hintern beim Nachhausegehen in Großaufnahme abfilmt. Pfui!

Das übliche Fremdschämen

Und sonst so? Das übliche Fremdschämen: Die tragische Geschichte der 15-jährigen Nellie wird unappetitlich breitgetreten. Nellies depressive Mutter nahm sich das Leben und wir erfahren alles darüber: Wie traurig Nellies Vater war. Was in dem Abschiedsbrief stand. Dass es wohl besser so war („sie muss jetzt nicht mehr so leiden"). Und dass Nellie jetzt unbedingt noch einmal Mamas Lieblingslied — das Thema aus „Die wunderbare Welt der Amelie" — spielen muss, um mit alledem fertig zu werden. „Spontan" schiebt sie dann noch ein gefühlvolles Liedchen hinterher. Zusammengenommen reicht das irgendwie fürs Weiterkommen. Wie die verstorbene Mutter im Grab rotiert, bekommt ja keiner mit.

Gefühle mit Beigeschmack: Nellie leidet, will aber auch weiterkommen (Bild: RTL)
Gefühle mit Beigeschmack: Nellie leidet, will aber auch weiterkommen (Bild: RTL)

Weniger tragisch, aber genauso peinlich kommen Claudia und Stephan daher. Die 42-jährige Sängerin intoniert die Händel-Oper „Xerxes" an Land tadellos, bildet sich dann aber ein, unter Wasser weitersingen zu müssen. Plötzlich ist nur noch eine seltsame Mischung aus Geblubber und Gewimmer zu vernehmen. „Deine Stimme ist im wahrsten Sinne des Wortes abgesoffen", stellt Thomas Gottschalk richtig fest. Stephan, der in Troisdorf als Kassierer arbeitet, gibt „Party machen in Verbindung mit Singen" als größtes Talent an. Tatsächlich kann er weder singen, noch tanzen, noch sich den Text merken. Weil er aber halb zusammenbricht, als ihm das aufgeht, wird er von der Jury eher rausgekuschelt als -geworfen.

Das größte Highlight in dieser Show sind übrigens zwei Herren im Frack, die auf einem Auto rhythmisch herumtrommeln. Gottschalk ist diese Sambanummer den goldenen Buzzer wert. Endlich mal eine „kreative Idee", findet er. Immerhin kein Recycling, meint der Zuschauer.