Berliner “Tatort”: Eine müde Abschiedsvorstellung

"Großer schwarzer Vogel" ist der 30. und zugleich letzte gemeinsame Fall der Berliner "Tatort"-Kommissare Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic). Nachdem der Sender RBB im vergangenen Jahr eine Neubesetzung des Hauptstadtteams angekündigt hatte, nahm Schauspieler Dominic Raacke bekanntlich vorzeitig seinen Hut. Die Abschiedsvorstellung fällt unspektakulär und über weite Strecken auch ein bisschen müde aus.

Stark (B. Aljinovic, l.) und Ritter (D. Raacke) ermitteln zum letzten Mal gemeinsam im "Tatort" (Bild: rbb / C. Klein).
Stark (B. Aljinovic, l.) und Ritter (D. Raacke) ermitteln zum letzten Mal gemeinsam im "Tatort" (Bild: rbb / C. Klein).

Ein kleiner Junge wird beim Spielen von einer explodierenden Briefbombe dermaßen erschreckt, dass er stürzt und sich tödliche Verletzungen zuzieht. Der "Anschlag", ein Sprengsatz, der eigentlich nicht ausgereicht hätte, um jemanden umzubringen, galt dem Radiomoderator Nico Lohmann (Florian Panzner). Lohmann gibt beim Berliner Lokalfunk à la Domian den nächtlichen Call-In-Onkel. Die Sendung ist beliebt, dennoch hat so ein Radiomann, der verzweifelte Ehefrauen schon mal des nächtens anregt, ihren despotischen Gatten zu verlassen, per se eine Menge Feinde. Tatsächlich ist beim Sender eine ganze Schublade mit Drohbriefen und sonstigen Schmähungen gegen Lohmann gefüllt ...

Nico Lohmann (Florian Panzner) moderiert eine bekannte Sendung (Bild: rbb / C. Klein).
Nico Lohmann (Florian Panzner) moderiert eine bekannte Sendung (Bild: rbb / C. Klein).

Aber gute Kommissare wie die beiden Berliner Buddys Ritter und Stark denken weiter und "ermitteln in alle Richtungen", wie es auch hier so schön abgedroschen heißt. Womöglich liegt der Schlüssel zum Fall ja in Lohmanns Vergangenheit: In seiner Jugend war er ein richtiggehender Schwimm-Star, der, angetrieben vom überehrgeizigen Vater, von olympischem Edelmetall träumte. Doch dann setzte ein schwerer Autounfall nicht nur seiner hoffnungsvollen Karriere, sondern auch dem Leben zweier Menschen ein Ende ...

Allerdings: Die Rekonstruktion all dessen ist eine äußerst zähe Angelegenheit - leider auch für den Zuschauer. Und zwar allein aus dem einem Grund, der im deutschen Krimi, man muss es einmal so deutlich sagen, immer mehr nervt: Es grassiert die große Maulfaulheit. Die Kommissare stellen Fragen über Fragen - und viel zu spärlich kommen die Antworten. Ausgerechnet dem Radio-Mann müssen die Ermittler jedes Wort aus der Nase ziehen, Lohmann gibt sich gegenüber der Polizei, aber auch gegenüber seiner Frau extrem wortkarg. So wirkt die Geschichte von Titus Selge und Jochen Greve (Regie: Alexander Dierbach) doch reichlich spröde und langatmig. Den Protagonisten fehlt es an Wärme und Lebensnähe - einzig die von Julia Koschitz gespielte Ex-Lebensgefährtin Lohmanns, eine Kindergärtnerin, vermag phasenweise, jene emotionale Tiefe zu vermitteln, die in dem Film sonst nur Nick Caves ergreifender Song "Push The Sky Away" erreicht.

Was weiß Henriette (Julia Koschitz, r.), die ehemalige Freundin von Lohmann, über den damaligen Autounfall? (Bild: rbb / C. Klein).
Was weiß Henriette (Julia Koschitz, r.), die ehemalige Freundin von Lohmann, über den damaligen Autounfall? (Bild: rbb / C. Klein).

Ein leises Finale für den Münchner Dominic Raacke, der seit 1999 als Berliner Kommissar Till Ritter den fiktiven Verbrechern an der Spree das Handwerk legte. Der sonst so kernige Ritter wirkt beim Abschied ausgebrannt und müde – was in der Geschichte tatsächlich thematisiert wird: Man schrieb dem Kommissar eine pathologische Schlaflosigkeit an den Hals.

"Ich erinnere mich, dass Ritter in seinen Anfangsjahren kaputter war. Er rauchte und trank, und die Figur war insgesamt einsamer und melancholischer angelegt", erklärt der scheidende Schauspieler Dominic Raacke. "Diese Eigenschaften verschwanden mit der Zeit. Er wurde vernünftiger und angepasster. Das war für manche Fälle sicher zuträglich, aber insgesamt ging dabei Charakter verloren." Durchaus vielsagend.

("Tatort: Großer schwarzer Vogel", Sonntag, 9. Februar, 20.15 Uhr, ARD)