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Bremer “Tatort: Hochzeitsnacht”: Eine gute Idee geht baden

Liest eigentlich noch jemand Agatha Christie-Romane? Jene englischen Krimis aus der Upper Class, die sich stets zu einem gewieften Mord auf einem schmucken Landsitz oder ähnlich pittoresken Orten verabredete. Mit dem Ziel, aus einer übersichtlichen Schar feiner Herrschaften einen Mörder herauszuraten. Der neue Bremer "Tatort: Hochzeitsnacht" wandelt auf den Spuren solch klassischer Krimi-Plots. Eine Hochzeitsgesellschaft wird von zwei maskierten Männern in Geiselhaft genommen. Auf Brautstrauß und edles Porzellan haben es die Täter jedoch nicht abgesehen. Vielmehr soll der Mörder einer jungen Frau gefunden werden. Dass es einer der Gäste ist, steht für die schwer bewaffneten Gangster fest.

Geiselnehmer Wolf (D. Moschitto) und Hauptkommissarin Inga Lürsen (S. Postel, Bild:  RB / J. Landsberg).
Geiselnehmer Wolf (D. Moschitto) und Hauptkommissarin Inga Lürsen (S. Postel, Bild: RB / J. Landsberg).

Die erste von vielen Ungereimtheiten in diesem arg konstruierten Fall: Die Bremer Kommissare Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) sind selbst unter den Hochzeitsgästen - auch wenn vor allem Stefefreund mit der leicht schmierigen Feier in einem fast schon düster zu nennenden Landgasthof nicht so recht warm werden will. Draußen ist es kalt und nass, doch dem Kommissar ist es durchaus recht, dass er zwischen fettigem Essen und Polonaise noch mal mit Hundchen Paul Gassi gehen muss. Für die Hundenotdurft wurde der richtige Zeitpunkt gewählt: Als Stedefreund draußen weilt, stürmen zwei bewaffnete Maskenmänner die Feier - gespielt von Kinostar Denis Moschitto ("Chiko") und Deichkind-Rapper Sascha "Ferris" Reimann.

Drahtzieher Wolf (Moschitto) ist sich sicher, dass einer der anwesenden Dorfbewohner für den Tod einer jungen Frau aus dem Ort verantwortlich ist. Mit dem verzweifelten Akt will er die Wahrheit herausfinden und den Täter bestrafen. Während die Situation im Gasthof - trotz Lürsens Eingreifen - immer mehr eskaliert, versucht der ohne Handynetz im Bremer Hinterland herumirrende Stedefreund, Hilfe zu holen. Dies gestaltet sich allerdings schwierig. Vor allem nachdem er in einer tatsächlich nicht unkomischen Slapstick-Szene auch noch seine Hose verliert...

"Bluthochzeit" hat sich wie viele Bremer "Tatort"-Episoden der letzten Jahre, wo schon mal die Weiterexistenz der Stasi 20 Jahre nach Fall der Mauer ausgerufen wurde, ambitionierte Ziele gesetzt. Düsteres Kammerspiel will man sein, dazu ein bisschen Klaustrophobie-Thriller und absurdes Märchenwald-Theater. Mit dem charismatischen Episoden-Hauptdarsteller Denis Moschitto hat man dazu auch gutes Schauspiel-Personal eingekauft. Dennoch will hier keine Spannung aufkommen - was vor allem an der über fast 90 Minuten spürbaren Atmosphäre bemühter Konstruiertheit liegt. Die Handlung von Drehbuchautor Jochen Greve ist in sich unlogisch, die Dialoge hölzern, seine Figuren nahe am Abgrund unfreiwilliger Komik. Wenn nach einigem vergossenen Blut am Ende ein Mörder enttarnt wird, muss man fast schon sagen: Ach ja, der/die musste ja auch noch gefunden werden. Nein, sorry: Dieser Bremer Fall, vom Sender auch noch als Jubiläums-"Tatort" zum 15-jährigen Lürsen-Jubiläum hochgejazzt, ist leider absolute Grütze.

("Tatort: Hochzeitsnacht", Sonntag, 16. September, 20.15 Uhr, ARD)