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Der Doppel-”Tatort”: Einmal von Köln nach Leipzig und retour

Köln meets Leipzig - so was gab es beim "Tatort" auch schon zu Zeiten des sächsischen Duos Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade). Mehr als zehn Jahre danach kommt es wieder zum Aufeinantertreffen der Teams von Rhein und Pleiße, und diesmal gingen die Macher mit gleich zwei Filmen in zwei Städten weiter denn je. Die Frage ist nur, wie originell so eine Geschichte über 20 Jahre nach Wende und Wiedervereinigung noch sein kann.

Vier Kommissare, zwei Städte, zwei Filme, ein Fall: Leipzig und Köln ermitteln gemeinsam (Bild: WDR/W. Weber).
Vier Kommissare, zwei Städte, zwei Filme, ein Fall: Leipzig und Köln ermitteln gemeinsam (Bild: WDR/W. Weber).

Ein totes Mädchen wurde aus dem Rhein gefischt, die Spur führt nach Leipzig. Das schreit nach Dienstausflug! Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär), die beiden Kölner Kommissare, kennen das ja: Rund 500 Autobahnkilometer, knapp fünf Autostunden - schon sind sie mit ihrem Amischlitten bei den Kollegen Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Keppler (Martin Wuttke). Während es zwischen Saalfeld und Schenk auf Anhieb flutscht wie geschmiert, herrscht bei den beiden Alphatieren allerdings Hahnenkampfalarm. Als Keppler, der auf dem Kinderstrich ermittelt, Ballauf für einen Freier hält, setzt es gar eine blutige Nase ... Der Zickenkrieg unter großen Jungs macht ebenso Spaß wie das Flirtgezwitscher der beiden anderen - weil es spielerisch im Hintergrund bleibt, nie übertrieben wird. Was zählt, ist der Fall. Und der ist knüppelhart.

Es ist zunächst einmal ein furioses TV-Experiment, das die Redaktionen von WDR und MDR hier vom Stapel lassen: Erstmals ermitteln vier Kommissare in zwei direkt aufeinander folgenden und zusammenhängenden Krimis in unterschiedlichen Städten gemeinsam - schon das hebt den Leipziger Fall "Kinderland" (Ostersonntag, 20.15 Uhr) und den in Köln spielenden Krimi "Ihr Kinderlein kommet" (Ostermontag, 20.15 Uhr) aus der Masse. So eine Programmierung fordert den direkten Vergleich natürlich heraus, man kann sich gut vorstellen, wie leidenschaftlich in Köln und Leipzig am Dienstagmorgen die Einschaltquoten verglichen werden. Regisseur Thomas Jauch tat das einzig Richtige: Er hält sich raus, macht sich vom Ost-West-Diskurs frei und erzählt (Buch: Jürgen Werner) die beiden Krimis als Einheit, sucht in stimmungsvollen Bildern nach Parallelen und Symbolen für den Gleichklang der Städte und Mentalitäten.

2012 ist es eben nicht mehr die Frage ob Ossi oder Wessi, die zählt, sondern eher, in welchem Milieu man lebt. Ob Köln oder Leipzig: Soziale Schieflagen, Abgründe und Verbrechen gibt es hier wie dort. Die Filme erzählen von obdachlosen Jugendlichen, Teenagern, die ihren Körper auf dem Strich verkaufen müssen, von entführten, missbrauchten, grausam ermodeten Mädchen. Und von notgeilen Freiern und perversen Tätern. Da bleiben Klischees nicht aus - auf dem Kinderstrich sieht's aus wie beim Kostümball. Aber spannend ist das Ganze allemal.

"Harmonie pur", meldete der Regisseur von den Dreharbeiten, und das merkt man den Filmen auch jederzeit an. Vor allem die Leipziger Darsteller Thomalla und Wuttke scheinen bei der kurzweiligen ménage à quatre regelrecht aufzublühen. Die gute Laune beim finalen Kölsch an der Frittenbude am Rhein kauft man den Vieren ohne Weiteres ab. Na dann Prost, und gerne wieder!

"Tatort: Kinderland" (Ostersonntag, 20.15 Uhr, ARD)

"Tatort: Ihr Kinderlein kommet" (Ostermontag, 20.15 Uhr, ARD)