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Ein Kopf im Kühlschrank und noch mehr Tiefgefrorenes im Wiener “Tatort”

Ziemlich genau ein Jahr ist's her, da bekam der Wiener „Tatort"-Inspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) mit der zum Alkoholexzess neigenden Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) rein psychologisch eine arge Herausforderung zur Seite gestellt. Doch dem Wiener Kieberer tut die Neue sichtlich gut, wie sich nun ein Jahr und drei ORF-Krimis später ohne Weiteres feststellen lässt. Auch der neue Fall, "Falsch verpackt", hatte es in sich - was nicht ausschließlich an dem abgesäbelten Kopf in Eisners Kühlschrank und diversen anderen tiefgefrorenen Leichenteilen festzumachen ist. Schwarzer Humor muss erlaubt sein, ansonsten gilt: Es muss auch in Wien nicht immer das ganz große Spektakel sein, so wie beim letzten Mal, als im Fall "Kein Entkommen" eine meuchelnde Serbenbande durch die Stadt zog.

Die Frau mit dem sensationellen Gesicht kennt den Wiener Schmäh - etwas, was sich vom gebürtigen Salzburger Krassnitzer nie behaupten ließ.

Mittlerweile hat sich Eisner im Wiener ORF-Winkel zu einem der dienstältesten deutschen (deutschsprachigen) Kommissare gemausert. Man erinnere sich an seine volksstückhaften Heimatkrimis in seinem angestammten Urlaubsland Tirol. Doch der Friede im schönen Moloch Wien ist mindestens genau so trügerisch: Wo sonst, als hier im Donauhafen, purzeln einem nur so die tiefgefrorenen Chinesenleichen entgegen? Wo sonst werden tonnenweise verseuchte Hühnerbeine nach China eingeschifft und im Gegenzug billige Menschenameisen aus Ostasien für die Hühnerfabrik an der Donau eingekauft?

Nimmt man dann noch hinzu, dass sich der Kollege von der städtischen Fremdenpolizei (grandios: Erwin Steinhauer) an der Wohnungsnot der chinesischen Fremdarbeiter bereicherte, ist der Katalog des Bösen fast perfekt. Von den Menschenteilen, die Moritz Eisner und seine Kollegin nach und nach in den Mülltonnen der Wiener Hinterhöfe fanden, erst gar nicht zu reden.

Als feiner Höhepunkt des hier grassierenden Schwarzen Humors darf es angesehen werden, wie Eisner den Kopf eines mit dem Samurei-Schwert gemeuchelten Chinesen mir nichts, dir nichts im hauseigenen Kühlschrank verstaute: Die zuständige Spurensicherung hatte leider längst Feierabend gemacht. Eisners Tochter Claudia (Tanja Raunig), eine der wenigen Frauen, denen der graue Wolf Eisner wirklich vertraut, fuhr der Schreck in alle Glieder.

Zum ersten Mal führte hier mit Sabine Derflinger beim ORF-"Tatort" eine Frau Regie. Derflinger brachte für den coolen Eisner genau so viel Sympathie mit wie für dessen weibliche Kollegin Fellner. Das Zusammenspiel der beiden funktionierte besser denn je, man spürte förmlich, wie der Funke überspringt. Wenn sie nach der Hinterhof-Mülltonnenaktion im Beisl nichts mehr runterkriegen kann, bestellt er sein Schnitzel wie gewohnt - als machten ihm die Leichenteile erst den rechten Appetit. Bei so viel psychischer Ignoranz geschieht's ihm eben recht, dass er sich beim Kleinkriminellen „Inkasso-Heinzi" irgendwann eine blutige Nase holt.

„Falsch verpackt" setzte auf schwarzen Humor und viel Satire. Fehlende Spannung (wo war Hitchcock?) wurde durch das glänzende Zusammenspiel der Akteure spielend wettgemacht.