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Günther Jauch: Islam-Talk gerät zur One-Man-Show

Da fehlten selbst Günther Jauch die Worte: Nach der knapp dreimonatigen Auszeit von seiner Talkshow versuchte der Moderator gestern Abend mit dem Thema "Gewalt im Namen Allahs – wie denken unsere Muslime?" einen fulminanten Auftakt – und musste vor dem Imam Abdul Adhim Kamouss verbal die Waffen strecken.

Günther Jauch (m) und seine übrigen Gäste kamen gegen Abdul Adhim Kamouss' Redefluss nicht an (Bild: dpa)
Günther Jauch (m) und seine übrigen Gäste kamen gegen Abdul Adhim Kamouss' Redefluss nicht an (Bild: dpa)

Kamouss als Talkgast ins Studio zu holen, war an sich schon eine streitbare Entscheidung: Seit 2005 predigt der Imam an der Al-Nur-Moschee in Berlin-Neukölln, die berüchtigt ist für die Hasspredigten, die dort immer wieder abgehalten werden. Zudem hatte er direkten Kontakt zu radikalen Salafisten wie Denis Cuspert alias Deso Dogg, der inzwischen wiederum in Kontakt zur Spitze der IS stehen soll. Ebenfalls geladen waren der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky sowie CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach und die Journalisten Özlem Gezer und Stefan Buchen.

Doch was genügend Stoff für eine aufregende Sendung bot, geriet zur Farce: Während sich Kamouss anfangs noch gesprächsoffen gab ("Ich glaube an die Kommunikationskunst"), kam schon nach wenigen Minuten keiner der übrigen Talkgäste mehr zu Wort – und wenn, dann wurde ihm dieses von Kamouss im Mund abgeschnitten. Jauchs Versuche, seinen Moderatorenpflichten nachzukommen und das Gespräch zu lenken, überging der Imam einfach.

Vor Abdul Adhim Kamouss musse Günther Jauch verbal die Waffen strecken (Bild: dpa)
Vor Abdul Adhim Kamouss musse Günther Jauch verbal die Waffen strecken (Bild: dpa)

Auch Jauchs Kritik konnte Kamouss immer wieder abschmettern – und das mit einfachsten rhetorischen Mitteln, denen ein alter Hase wie Jauch eigentlich hätte gewachsen sein müssen. So behauptete Kamouss einfach, mit der Radikalisierung junger Muslime habe er nichts zu tun, Cuspert sei nur einer der wenigen, die er nicht habe erreichen können. Dass man ihn gemeinsam mit Cuspert in einem Video sehen könne, störe ihn nicht – man habe sich "auf dem Weg der Frömmigkeit" befunden, und zudem habe er persönlich niemals etwas von Hasspredigten in der Al-Nur-Moschee mitbekommen.

Alte Videos, in denen Kamouss – wenn auch auf Umwegen – die Vergewaltigung in der Ehe befürwortet und vorschlägt, Frauen sollten ihre Männer vor Verlassen der Wohnung um Erlaubnis bitten, sind für den Prediger nur ein alter Hut. Auf Jauchs Frage, ob Kamouss seine Ansichten in dieser Hinsicht weiterentwickelt habe, erwiderte dieser: "Ja, danke schön."

Und Günther Jauch? Der gab klein bei, saß hilflos daneben und versuchte hin und wieder erfolglos, den Redefluss seines Gastes zu unterbrechen. Souveräner wirkte da schon Buschkowsky, als er Kamouss aufforderte: "Können Sie mal die Backen halten!" Am Ende dann fand Jauch aber doch jemanden, den er erfolgreich kritisieren konnte: das Publikum. "Es klatschen immer dieselben bei Ihnen", monierte er die teils positiven Reaktionen aus dem Zuschauerraum auf Kamouss' Aussagen.

Auch jenseits des Studios übrigens zeigte sich das Publikum aktiv: Im Online-Forum zur Talkshow tobte ein Sturm der Entrüstung, nach der Sendung waren die Kommentare zeitweise sogar nicht abrufbar – ganz wie Günther Jauchs kleines Moderatoren-Einmaleins.