Neuer Saarland-”Tatort”: Alles Striesow oder was?

Im "Tatort" darf zukünftig noch mehr gelacht werden. Neben den Münsteraner Possenreißern Boerne & Thiel schickt nun auch das Saarland einen "lustigen" Ermittler ins Rennen. Allein diese Meldung könnte für Entsetzen sorgen - wäre der Neue nicht Ausnahme-Schauspieler Devid Striesow ("Fraktus", "Die Fälscher"). In seinem ersten Fall "Melinda" bekommt es der gerade nach Saarbrücken versetzte Jens Stellbrink (Striesow) mit einem im Baumarkt verloren gegangenen, arabisch sprechenden Mädchen (Mila Böhning) zu tun. Der Kommissar in Gummistiefeln, kurzen Hosen und Friesennerz hat mit Melinda jedoch nicht nur einen kleinen Schützling an seiner Seite, sondern bald auch eine Horde wild mit ihren Pistolen fuchtelnder Nordafrikaner an der Backe. Was wollen die Gangster von dem Kind? Und warum benehmen sich die Kerle im Saarland so, als wäre der beschauliche Landstrich im Südwesten Deutschlands ein Kriegsgebiet ohne Regeln?

Bevor sich Stellbrinks Debütfall, der lange in einer angenehmen Schwebe des Geheimnisses verharrt, so richtig entfalten kann, wird zunächst der neue Mann vorgestellt: Jens Stellbrink, von der Bundespolizei neu ins Saarland versetzt, ist ein Kommissar, den man so beim "Tatort" noch nicht gesehen hat. Nicht nur sein bizarrer Schlabber-Look ist befremdlich. Auch das Verhalten des Yoga-verliebten und beseelt Reggaemusik unter großen Kopfhörern hörenden Softies ist dazu angetan, klassische Krimi-Liebhaber zu verprellen. Kaum hat Stellbrink Melinda bei ihrem vermeintlichen Vater abgeliefert, hört der Kommissar einen stumpfen Schrei hinter der Tür. Als Stellbrink Melinda aus dem Hotelzimmer befreit hat, flüchten die beiden durch den Wald in einen stillgelegten, von Wildwuchs befallenen Märchenpark.

Telefonisch ruft er seine Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück) zur Hilfe - des Neulings supertaffer, kampfsportbegeisterter Damen-Sidekick. Als die Polizei im Märchenpark eintrifft, ist der Fall nach wie vor geheimnisvoll. Das Mädchen ist verschwunden, ebenso die Männer. Bald tauchen im Krankenhaus nordafrikanische Diplomaten auf, die Melinda in ihre Heimat zurückbringen wollen. Auch ein "neuer" Vater von Melinda ist mit dabei. Während Stellbrinks Kollegen um Spurensicherungsleiter Horst Jordan (Hartmut Volle) und Staatsanwältin Dubois (Sandra Steinbach) einen internationalen Konflikt vermeiden wollen, traut der Neue den freundlich lächelnden Südländern nicht. Um seine kleine Freundin zu retten, ermittelt der wild gewordene "Kommissar Bizarr" bald auf eigene Faust.

Es hat eine Weile gedauert, bis die Redaktion des SR nach dem unfreiwilligen Abgang des Duos Kappl und Deininger Schauspielstar Devid Striesow an die Saar locken konnte. Mit dem 1973 auf Rügen geborenen Schauspieler wurde lange verhandelt - schließlich kam man unter der Prämisse zusammen, einen dauerhaft komischen "Tatort" zu erschaffen. Problematisch an "Melinda" ist, dass dem von Lars Montag geschriebenen Drehbuch ein bisschen die Balance fehlt zwischen Posse und klassischem Krimi. Man traut sich einerseits nicht, Ulrich Tukur-mäßig ganz auf die Realität zu verzichten, baut aber eine Handlung, die zu unglaubwürdig ist, um als realer Kriminalfall durchzugehen. Dennoch ist "Melinda" kein kompletter Flop. Devid Striesow, mitunter selbst ein wenig bizarr, gibt vielen Slapstick-Szenen Verletzlichkeit, Würde und eine Menge Stoff gehaltvoller Komik mit auf die 90 Filmminuten. Nun sollten aber auch die Bücher noch etwas besser werden, damit der Softie von Saar zum Volltreffer wird.

("Tatort: Melinda", Sonntag, 27. Januar, 20.15 Uhr, ARD)