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Neuer “Tatort” aus Münster: Es zählt, was hinten rauskommt

Streng genommen ist es eine Unverschämtheit, wie dieser Fall in die Länge gezogen wird. Am Ende dauert es keine zwei Minuten, und der Mord am Heilpraktiker Raffael Lembeck ist aufgeklärt. Die Spuren am Tatort, seiner Praxis, waren schließlich eindeutig. Und was haben die Herren Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) die ganze Zeit davor gemacht? Man kann es eine selbstbesoffene Mördergroteske nennen, die Matthias Tiefenbacher in Wolbeck, real existierender Münsterlandprovinz, inszenierte. "Das Wunder von Wolbeck", wie der neue "Tatort" aus Münster heißt, spielt an auf die rätselhaften Fortpflanzungserfolge des erschlagenen Landarztes. Aber das eigentliche Wunder ist ja die ungebrochene Popularität der Antipoden Boerne und Thiel, die sich am Krimisonntag nach allen Regeln der Zügellosigkeit ihre Comedy-Bälle zuwerfen können. Quotenkönige des "Tatorts" bleiben sie offenbar ganz von allein.

Eingespielt sind sie: Boerne (Jan Josef Liefers, r.) und Thiel (Axel Prahl). (Bild: WDR: W. Ennenbach)
Eingespielt sind sie: Boerne (Jan Josef Liefers, r.) und Thiel (Axel Prahl). (Bild: WDR: W. Ennenbach)

Das wird aller Voraussicht nach auch dieser gut abgehangene Westfalenwestern mit seinen staubtrockenen Pointen bestätigen. Ein Film (Buch: Wolfgang Stauch), der in aller Ausführlichkeit davon berichtet, was der geschätzte Rechtsmediziner damit zu tun hat, dass Kripokollege Thiel über nahezu 90 Krimiminuten hinweg völlig unnötig im Dunkeln tappt. Manches hat mit einer Ziege zu tun, die man erst auf Professor Boernes Beifahrersitz sieht und später in der Rechtsmedizin. Der teddyhafte Kommissar radelt derweil mit dem Dienstfahrrad durch die blühende Landschaft und müht sich herauszufinden, warum verzweifelte Damen aus aller Herren Länder ausgerechnet zum Doktor Lembeck anreisten, um ihrem Kinderwunsch auf die Sprünge zu helfen. Leicht hat es der Mordermittler nicht. Die Cowboy-Brüder in der Kneipe schweigen eisern und schrauben dem Polizisten auch noch die Ventile am Fahrrad auf. Die Luft ist raus. Ein bisschen ein sinnfälliges Bild.

Boerne (Jan Josef Liefers) hat mit der Ziege ein Huhn zu rupfen. (Bild: WDR / W. Ennenbach)
Boerne (Jan Josef Liefers) hat mit der Ziege ein Huhn zu rupfen. (Bild: WDR / W. Ennenbach)

Aber Halt. Natürlich ist das traumhaft sicher eingespielt, wie sich der Cop und Snob mal wieder spielfilmlang anfrotzeln. Dass so was noch keine andere ARD-Anstalt beim "Tatort" kopiert hat, liegt auch daran, dass Boerne und Thiel schlicht unkopierbar sind. Alleine: Es ist halt immer ein Balanceakt zwischen glorioser Krimödie und banalem Unfug. Und hier hat einem der WDR einen Film vorgesetzt, dessen größte Pointe darin besteht, dass sich der Professor von einem Rindvieh auf der Weide einen Fladen ins Gesicht furzen lässt.

Es wäre nicht nur unfein, sondern auch unpassend, den aktuellen Krimischwank einen Dünnpfiff zu schimpfen. Aber ganz sicher kam schon mal deutlich Griffigeres dabei heraus, wenn in Münster ein "Tatort" gedreht wurde.

("Tatort: Das Wunder von Wolbeck", Sonntag, 25. November, 20.15 Uhr)