Schlag den Raab: Schlacht mit Hindernissen

Verletzungspech, flatternde Nerven und die späte Rache eines FDP-Ministers: Jürgen Möllemann ist schuld daran, dass „Schlag den Raab" irgendwann doch noch endete.

Raab beim Speerwerfen – mit dramatischen Folgen (Bild: ProSieben)
Raab beim Speerwerfen – mit dramatischen Folgen (Bild: ProSieben)

Die Ausgangsposition

1,5 Millionen Euro. Drei Koffer sind es, die Steven Gätjen in die Arena trägt. Das sieht etwas eigenartig aus, weil asymmetrisch, weckt aber durchaus Begehrlichkeiten. Wir erinnern uns: Zuletzt konnte sich Raab in einer fast sechsstündigen Ausgabe der Show nur knapp durchsetzen. Sechs Stunden! In der Zeit könnte man mit dem Zug quer durch die Republik fahren. Ein sehr, sehr dickes Buch lesen. Oder drei Kinofilme am Stück schauen. Diesmal also: Kühlschrank aufgefüllt. Telefon ausgesteckt. Und zurückgelehnt. Wer von den Supertypen aus den kurzen Einspielfilmchen wird es aufs Spielfeld schaffen? Vielleicht Reint, der Sportdozent aus dem „wunderschönen" Oldenburg, der in seiner Freizeit Quizabende veranstaltet? Oder Matthias, der doch schon 44-Jährige Air-Berlin-Kapitän mit Meister-Proper-Glatze, der so ganz nebenbei Triathlet ist? Vielleicht Sabine, die bebrillte Studentin, die zum Thema „Der heilige Stuhl im Ersten Weltkrieg" forscht und Tennislehrerin ist? Markus, der Schwabe, der immer 100 Prozent gibt? Oder doch Tobias, der muntere Lehrer aus dem Schwarzwald? Reint, Schuhgröße 48.5, bekommt die meisten Anrufe. Schafft er es, den Nimbus der Unbesiegbarkeit, der Raab umgibt, zu durchbrechen? Das nötige Selbstbewusstsein scheint der 30-Jährige zu besitzen — die körperliche Form auch.

Die ersten Kämpfe

Es beginnt gewissermaßen mit dem Ende der letzten Show. Torwandschießen. Raab lacht. Reint nicht. Dafür gewinnt er das erste Pünktchen. Danach folgt ein gar nicht so unfieses Bundesländer-Quiz, für das man wissen sollte, in welchen Bundesländern Metropolen wie Hörstel oder Möckmühl liegen. Hat Reint, der Supersportler, im Erdkunde-Unterricht aufgepasst? Nicht genug — Raab zieht ihn mit 6:1 ab. Das Speerwerfen, für das eigens Rasen verlegt wurde, entscheidet der TV-Star ebenfalls für sich.

Beim „Muttern“ hat Kandidat Reint den besseren Dreh raus (Bild: ProSieben)
Beim „Muttern“ hat Kandidat Reint den besseren Dreh raus (Bild: ProSieben)

Das Drama

Danach geht's für Raab bergab. Noch während des Speerwerfens blickt man plötzlich in Raabs schmerzverzerrtes Gesicht. Offenbar hat er beim Anlaufnehmen das Gleichgewicht verloren und sich anschließend am Meniskus verletzt. Er muss sich an den Rand des Spielfeldes setzen, die Mediziner kommen. Eine Zerrung? Oder etwas Schlimmeres? „Es hat geknackst", sagt er. „Es tut permanent weh, ist aber nicht dramatisch. Es fühlt sich nicht wie was Gebrochenes an." Wie beruhigend. Aber trotzdem: Ist dies das Ende? Nach nicht einmal eineinhalb Stunden? Den folgenden Sportwettbewerb kann Raab nicht einmal versuchen. Die Punkte fürs Cross-Rennen mit dem Mountainbike bekommt Reint kampflos gutgeschrieben. Man erkennt, wie sehr er versucht, sich darüber nicht allzu auffällig zu freuen.

Der Mittelteil

Es bleibt spannend — und wechselhaft. Am Anfang wirkt es so, als würde der angeschlagene Raab die Nerven und damit die Oberhand behalten. Beziehungsweise, sein Gegner verliert sie, zittert mit den Händen, zögert, entscheidet sich oft daneben. Das etwas bizarre Zählspiel „Marienkäfer" gewinnt Raab ebenso wie die Geschicklichkeitskiste „Die Kugel". Erst beim Puzzeln (niedlich: ein Bild von Kätzchen und Hundewelpen) schafft Reint den Anschluss, beim Diktat überholt er die Show-Legende. Beim „Muttern", also dem Drehen von 20 Muttern auf ein Gewinde, zeigt sich dann: Raab ist auch mental nicht mehr auf der Höhe. Er patzt und schimpft, greint und verliert. Sogar bei „Wer ist das", dem Prominentenraten, eigentlich eine seiner Domänen, braucht der Entertainer eine Weile, bis er funktioniert. Doch genau dann, wo er den Anschluss schaffen könnte, muss er kegeln. Mit Knieverletzung! Der Teufelskerl macht's und gewinnt haushoch.

Zuversicht sieht anders aus: Reint beim vorletzten Spiel „Schnipski“ (Bild: ProSieben)
Zuversicht sieht anders aus: Reint beim vorletzten Spiel „Schnipski“ (Bild: ProSieben)

Das Finale

Das nächste Spiel (Der Klassiker „Blamieren oder Kassieren") gewinnt Reint. Wahnsinn. 23.50 Uhr, und schon wieder wechselt die Führung. Die nächste Kiste, die sich erst in den letzten Spielen entscheidet. Schier endlos dauert „Schnipski", so eine Art polnisches Floh-Spiel auf dem Bar-Tresen für Fortgeschrittene. Raab gewinnt und holt sich damit einen Matchball. Und weil Reint bei „Wer lügt" so gar nichts reißt, ist um 00:20 Schicht. Denn Raab sagt: Jürgen Möllemann war zwar Wirtschafts-, aber nie Finanzminister. Da hat er Recht. Und wer ganz genau hinschaute, sah: Reint hätte es auch gewusst, ging in eine Art innere Habacht-Stellung. Nur drückt er den Buzzer nicht. Und verliert.

Genau solche Momente machen „Schlag den Raab" zu guter Fernsehunterhaltung. Worte, Gesten, Blicke, die nicht durchchoreografiert sind. Enttäuschung, die echt ist, aber ohne jede Überhöhung auskommt. Ein Notar, der freundlich erzählt, wo er gerade im Urlaub war und kleine, aber feine Sticheleien zwischen Raab und Gätjen: Muss man sich nicht immer gleich sechs Stunden lang anschauen — aber knapp über vier sind gar kein Problem.