“Schlag den Raab”: Der Typ, der nicht verlieren kann

Was Stefan Raab am meisten zu stressen scheint, in der für alle Beteiligten stressigen Sendung „Schlag den Raab": dass er das Pro-Sieben-Gladiatorenspiel — das er in 37 Ausgaben nur zwölfmal verloren hat — nicht auch noch selbst moderieren darf. Einmal passierte es ihm am Samstagabend, da rutschte er nach einem der Musikbeiträge kurz in die falsche Rolle: „Udo Lindenberg, meine Damen und Herren!" rief Raab, wahrscheinlich aus Begeisterung. Und aus der Grundüberzeugung heraus, dass er bei diesem Live-Wettkampf nicht nur gesetzter Kandidat, sondern irgendwie auch Gastgeber ist. Einen Heimvorteil hat, jedes Mal.

Rock'n'Roller: Raab auf dem Schlitterweg zum Showerfolg. (Bild: Pro Sieben)
Rock'n'Roller: Raab auf dem Schlitterweg zum Showerfolg. (Bild: Pro Sieben)

Auch gegen Mario Anastasopoulos, einen 44-jährigen Tischler aus der Nähe von Düsseldorf, siegte Raab. Gewann neun von 13 Einzelspielen, in einer rund fünf Stunden langen, ausreichend bunten, aber nie ernsthaft spannenden Show: Zu deutlich war die Überlegenheit des Stars, der nun mit sechs aufeinanderfolgenden Triumphen einen neuen Rekord hält. Von den sportlichen Challenges verlor Raab nur eine, in der die Gegner sich an herabhängenden Reifen, Leitern und wackligen Plattformen durch die Luft hangeln mussten. Kandidat Mario geht in seiner Freizeit regelmäßig in die Kletterhalle — am Ende war das der einzige echte Vorteil, den er an diesem Abend genoss.

Dass in den Werbeblöcken einer Raab-Show schon wieder Trailer für weitere seiner Abenteuer laufen, ist man gewohnt: Quizboxen und Turmspringen wurden angekündigt (zum schweren Unfall bei den Proben, der den Schauspieler Stephen Dürr ins Krankenhaus beförderte, gab es kein Wort), und nur wenige Tage nach der Premiere der Raab-Polittalkshow war die Nachricht gekommen, dass er nun auch noch eine Karnevalssitzung ausrichten und moderieren wird. Dabei macht man es sich viel zu leicht, wenn man über die gefühlte Omnipräsenz des „TV Total"-Manns lästert. Im Jahr 2012 ist er einer der ganz wenigen Fernsehvisionäre, die ihre Ideen auf hohem Level verwirklichen können. Dass Raab so oft mit neuen Sendungen kommt, dass er alles auszuprobieren scheint, was ihm so einfällt — das geht nur, weil das Restprogramm so ideenarm ist.

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Und man glaubt in „Schlag den Raab" gelegentlich, dem Genie bei der Arbeit zusehen zu können. Selbst bei einem simplen Spiel, in dem eine wacklig dastehende Plastikflasche mit einem über den Tisch zu schnippenden Verschluss umgeworfen werden soll, engagiert sich Raab mit absoluter Hingabe und Studierfreudigkeit. Versucht, hinter die Ballistik des Kunststoffs zu kommen, entwickelt kurzerhand eine Technik, wie der Korken optimal geschossen werden kann. Und fängt zu stänkern an, als Gegner Mario seinen Kniff kopiert. Kurz darauf stehen beide im Freien, müssen mit kleinen Industriebaggern Kiesel transportieren und punktgenau in Waagschalen füllen. Natürlich weiß keiner, ob Raab so ein Ding schon irgendwann mal bedient hat — trotzdem ist es faszinierend, wie verbissen und schnell er sich in wenigen Minuten die Handgriffe aneignet, die Schaufel fast schon virtuos wirbeln lässt. So ähnlich macht er es auch, wenn er Showformate adaptiert.

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Zum Finale wurde dann ein „Wer wird Millionär?"-artiges Quizduell, in dem Inseln nach Größe und Politiker nach ihrem Alter geordnet werden mussten. Wie immer redete und gestikulierte Raab am meisten, sorgte selbst als Kandidat dafür, dass die Zuschauer etwas zu sehen und hören hatten, dass es möglichst wenig still wurde auf Pro Sieben. Am Ende entschieden zwar die Fehler des ruhigen Mario das Spiel, aber auch das ist gewissermaßen symptomatisch für Raabs TV-Erfolge: Er profitiert von der Langweiligkeit, der Blutleere der anderen. Er hat es leicht, Ereignisse aus dem Ärmel zu schütteln.

Die nächste „Schlag den Raab"-Show kommt am 15. Dezember, dann mit einem weiteren Rekord-Jackpot (3,5 Millionen Euro). Wenn Stefan Raab dann verliert, wird man ihm das als Geste der Nachsicht auslegen.

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