„Wetten, dass..?“: Markus Lanz ergreift seine Chance

„Und, Denzel? Passt die Katzenmütze?“ fragt Markus Lanz im Einspieler den Hollywood-Star in der Garderobe. Selbstironisch beginnt die vierte Ausgabe der neuen Ära von „Wetten, dass..?“, und die entspannte Selbstkritik zieht sich durch die gesamte Sendung. Die Gäste auf der Couch wissen das sichtlich zu schätzen, wie weggeblasen sind die vielen peinlichen und steifen Momente der letzten Ausgaben.

Ein gutes Team: Denzel Washington und Markus Lanz (Bild: ZDF/Sascha Baumann)
Ein gutes Team: Denzel Washington und Markus Lanz (Bild: ZDF/Sascha Baumann)

Denzel Washington ist zwar wortkarg und bedächtig, aber (im Gegensatz zu Lästermaul Tom Hanks) für jeden Spaß zu haben. Kein einziges Mal wirkt er gelangweilt oder zynisch, sondern lässt sich mit echtem Format auf die klassischen Zutaten dieser Samstagabendshow ein: eine Gabelstaplerwette, den unvermeidlich anwesenden Comedian und sogar auf Assistentin Cindy aus Marzahn. Auch „Schlussmacher“ Matthias Schweighöfer tut dem Abend gut, der Sunnyboy ist schlagfertig und bei der Sache und lässt sich das Geständnis entlocken, er sei DDR-FKK-traumatisiert und zeige deshalb in fast jedem seiner Filme den blanken Hintern. Christiane Hörbinger gibt unterhaltsam die Grande Dame mit Wiener Schmäh und die Sportler Magdalena Neuner und Robert Harting schlagen sogar ernste Töne an, als sie zum Thema Lance Armstrong deutliche Worte zu unfairen Mitteln im Sport finden.

Die neue Gelassenheit ist auch Markus Lanz zu verdanken, der sich langsam in seine Rolle als Groß-Showmaster hineinzufinden scheint. Er hält sich deutlich mit unpassenden Kommentaren zurück und unterbricht seine Gesprächspartner nur noch selten – so können Anekdoten auch mal zu Ende erzählt werden und echte Dialoge entstehen. Die Atmosphäre ist gleich so viel entspannter, dass auch Lanz seine typische Verkrampftheit fast abhanden kommt. Auch wenn die schwedische Band Caligola bei ihrem Auftritt "Dreaming About The Good Old Times“ singt – Antatschen und geschickt platzierte Produkte wünscht sich an diesem Samstagabend niemand mehr zurück.

Mit Spaß bei der Sache: Die Gäste auf der „Wetten, dass..?“-Couch (Bild: ZDF/Sascha Baumann)
Mit Spaß bei der Sache: Die Gäste auf der „Wetten, dass..?“-Couch (Bild: ZDF/Sascha Baumann)

Natürlich gelingt nicht alles: Eine Wette, bei der vier süße Bauernkinder Kühe anhand ihrer frisch gemolkenen Milch erkennen wollen, wird nur durch kräftiges Vorsagen der Außenmoderatoren Andrea Kiewel und Horst Lichter gewonnen. Bei der „Lanz-Challenge“ langweilen sich der Moderator und eine junge Frau aus dem Publikum beim Rudern auf dem Fitnessgerät, während sie „Ich packe meinen Koffer“ spielen müssen. Und Cindy aus Marzahn hat mit ihrem Statement „Jeder hat Angst, dass ich mich zu ihm setze“ leider recht. Zu aufdringlich ist ihre lautstarke Erscheinung, zu wenig witzig sind ihre derben Sprüche. Auch Schnellsprecher und Wenigsager Ralf Schmitz macht sich beim „Schwanensee“-Tanz in Strumpfhosen und Tütü nicht lächerlicher, als er es schon ist. Richtig schmierig wird es bei der Wette von Fitnessstudio-Proll Steve Brauer, der Massage-Öle auf schöne Frauen aufträgt und nur mit seinen Händen die Marke erkennen will. Mit dummen Sprüchen wie „Erotiköle sind flutschiger“ begibt sich „Wetten, dass.. ?“ so auf einen kurzen Abstecher ins Schmuddelfach.

Sensationelles Gehör beweist Wettkönig Bernhard Siegel (Bild: ZDF/Sascha Baumann)
Sensationelles Gehör beweist Wettkönig Bernhard Siegel (Bild: ZDF/Sascha Baumann)

Strahlender Höhepunkt der Sendung ist dagegen die Wette von Bernhard Siegel. Der Klavierspieler beweist absolutes Gehör, indem er auf 2 Gramm genau den Inhalt von Wasserflaschen bestimmt, an deren Hälsen er mit dem Finger schnippt. Dabei vor sich hin pfeifend hört er „Referenztöne“ und ihre Abweichungen. Als verdienter Wettkönig kann er ein Auto mit nach Hause nehmen; übrigens der einzige Fall von (Schleich-)Werbung, die im Laufe des Abends immer wieder offen und humorvoll thematisiert wurde. Wenn man sich den Geistern der Vergangenheit so selbstbewusst entgegenstellt, kann man sie bezwingen. Auf dem richtigen Weg dahin ist Markus Lanz ganz sicher. Mit dieser nicht gerade rasanten, aber mehr als ordentlichen und vor allem lockeren Ausgabe von „Wetten, dass..?“ ist er nun endlich in das Format hineingewachsen und hat es jetzt schon zu seinen Gunsten verändert.

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