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„Wetten, dass ..?“: Markus Lanz erklärt sich zum Superstar

Vielleicht sollte man wirklich einfach mal das Positive sehen. Und versuchen, sich einmal von der guten Laune anstecken zu lassen. Das klingt dann so: Das Schöne an den „Wetten, dass ..?“-Sendungen der neueren Neuzeit ist, dass sie wenigstens einem Menschen sehr sehr gut gefallen – Markus Lanz. Das weniger Schöne: Allen Zuschauern, die nicht gerade ebenso große Lanz-Fans sind, wie Markus Lanz selbst einer ist, bereitet sein Wettabend akute Bauchschmerzen. Oder Schädelbrummen - wenn man sich wirklich an den im Internet oder in privaten Leidensgemeinschaften weit verbreiteten Fremdschäm-Trinkspielen beteiligt. Dabei genehmigen sich Hartgesottene für jedes neue „Sensationell!“, „Oh mein Gott!“ oder ähnliche zwanghafte Selbstbeweihräucherungen des Abendalleinunterhalters ein Gläschen Hochprozentiges.

Axel Prahl, der diesmal neben seiner „Tatort“-Kollegin Simone Thomalla, Oliver Kahn, Ski-Legende Hermann Maier und Michael Mittermeier einer der Sofa-Gäste war, sprang ganz offensichtlich selbst auf diesen Zug auf. Er ließ sich gleich zu Beginn der Sendung von Cindy aus Marzahn Whisky servieren – offenbar weil er bereits ahnte, dass man sich die knapp dreistündige Sitzung schön trinken müsse.

Olivia Jones, die auf den „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“-Sieger Joey Heindle aufpasste und leider nur sehr kurz durch die Sendung stöckeln durfte, öffnete gleich mal ein Bier: „Das müssen wir feiern“, prostete sie ihrem jungen Dschungelkönig zu, „wenn wir schon mal hier sein dürfen“. Trotz Frust-Alkohols achtet sie darauf, dass der Dschungelkönig auch ja vor dem Millionenpublikum seine aktuelle Single erwähnt. „Hier kann man doch prima Schleichwerbung machen“, ätzte Olivia.

Anders als die auf dem Sofa Festgehaltenen durften der Zwei-Meter-Travestiestar von der Reeperbahn und sein leicht zu übersehender Begleiter die Show allerdings gleich wieder verlassen, um im Freien – wie originell, liebes ZDF! – 100 verkleidungswillige Friedrichshafener zu betreuen, die sich in Fummel und Perücke stürzen würden. „Freizeit-Transen gibt’s doch überall“, sagte Olivia. Und tatsächlich war die betuliche Stadtwette leicht zu gewinnen.

Fies, wer auch dabei Schiebung vermutete: Wie so oft in der Sendung hatte man nämlich das Gefühl, dass der Zufall einen Weg einschlug, der vor allem einem behagte: Markus Lanz. Nach einem Abend, an dem er sich wieder einmal konsequent in den Vordergrund spielen durfte, gab ihm nämlich auch die aus seiner Sicht offiziell „verlorene“ Stadtwette eine weitere Gelegenheit, sich in Szene zu setzen: Weil Lanz gegen die 100 Transen gewettet hatte, muss er in den kalten Bodensee springen, um als Einlösung seiner Wettschuld symbolisch auf dem Weg zur nächsten „Wetten, dass ..?“-Station in Wien ein paar Meter auf dem Wasserweg zurückzulegen. Vor laufenden Kameras darf Lanz dann mal wieder zeigen, was für ein toller Hecht er ist. Gut nur, dass diese Vorstellung diesmal noch außerhalb der Sendezeit lag.

Das Maß an genauestens eingeplanten „Lanz Challenges“, das heißt jenen Momenten der Show, die alle Wetten, Kandidaten und Gäste vergessen machen sollen und sich ausschließlich um den Star-Moderator selbst drehen, hatte er zuvor schon gut ausgeschöpft. Lanz erzählte nicht nur von seinen Südpol-Abenteuern, gab laufend mit seiner akribisch vorbereiteten Gäste-Verhörtechnik an, besiegte in der offiziellen „Lanz Challenge“ eine Saal-Kandidatin in einer Art Lufthauch-Minigolf, hechtete über einen Gymnastik-Bock (und prellte sich dabei im Übereifer das Knie), sondern inszenierte auch noch einen „spontanen“ Armdrücken-Wettbewerb gegen den „Herminator“.

Der schaurigste Moment des Abends war allerdings einer, den ihm wenigstens die kreischenden Justin-Timberlake-Fans verzeihen werden, weil sie so ihr Idol (Timberlake, wohlgemerkt) noch einmal singen hörten. Natürlich ebenfalls ganz „spontan“ erzählte Lanz nämlich weitschweifig, dass er mit dem US-Superstar völlig „spontan“ vor der Show herausgefunden hatte, dass beide leidenschaftliche Fans des Elvis-Songs „Suspicous Minds“ sind. Also intonierten sie den Song – natürlich – „spontan“, da der Moderator ja beteuerte: „Wir haben das nicht geprobt.“ Botschaft der Mini-Einlage: Lanz kann auch meisterhaft locker Keyboard spielen. Allerdings strich sich Justin Timberlake die kleine Elvis-Strähne so kokett in die Stirn und macht so routiniert gute Mine zum abgekarteten Spiel, dass diese Peinlichkeit verzeihlich wirkte.

Was sonst noch passierte? Es gab ein paar mittel-kuriose Wetten – unter anderem mit einem 66-jährigen Kraftprotz, einem Rad-Geschicklichkeitsfahrer, der mit seinen Speichen 20 Bierflaschen köpfte, und mit zwei Hamburgern, die eine aufwendig choreografierte Fußball-Fangübung aus einem fahrenden Omnibus heraus absolvierten. Und dann war da noch die siebenjährige Lina. Sie hatte als Kinder-Wettkandidatin zuvor eine nahezu unverständliche Zahlenaufgabe gelöst, die irgend etwas mit Computer-Codes zu tun haben musste. Allerdings hinterließ auch sie einen zuletzt etwas merkwürdigen Eindruck. Sie wurde in einem Einspielfilm befragt, was sie alles am „Wetten, dass ..?“-Gastgeber mag. Das Mädchen sagte, dass Markus Lanz „toll“ sein, weil er „so schick und schön aussieht“. Ein Böser Verdacht, der unterstellen könnte, hier hätte jemand etwas mit ihr eingeübt.

Wenn man dem Lanz’schen Humor- und Dramaturgie-Verständnis folgt, war das absolute Highlight des Abends allerdings ein platter Gag: der Moment, in dem er den gewohnt humorbefreiten Oliver Kahn in ein von Cindy ausgesuchtes rosa Jackett zwängte. „Ein weiterer Höhepunkt in dieser an Höhepunkten nicht armen Sendung“, lobte sich Lanz vorsichtshalber noch einmal selbst. Doch dann kam schon Heino und interpretierte auf die bekannt dreiste Art seine Coverversion des Ärzte-Songs „Junge“. Darin blieben vor allem zwei Passagen im Gedächtnis, die wie auf die große Wetten-Lanz-Show zugeschnitten wirkten: „Junge, wo soll das alles enden?“, sang Heino. „Und immer diese Texte, das will doch keiner hören.“