„X Factor 2012″: Vögelchen, sieg!

Krönender Höhepunkt des „X Factor"-Finales ist der Auftritt von Juror Moses Pelham und Xavier Naidoo. 13 Jahre waren sie nicht gemeinsam auf der Bühne zu sehen; Pelham hatte Naidoos Durchbruchsalbum „Nicht von dieser Welt" (1998) produziert. Ihr neues Lied „Halt Aus" zeigt: Die können was und haben es nicht verlernt. Einen besseren Ansporn als dieses Auftritt kann es für den zu kürenden Gewinner der humansten aller Castingshows nicht geben.

Haben sich gut gekümmert: Die vier Mentoren (Bild: VOX)
Haben sich gut gekümmert: Die vier Mentoren (Bild: VOX)


„Magic Moment Songs" und Tuchfühlung mit den Stars

Wie dicht die besten drei Kandidaten vom Können her beieinander stehen, wird in der ersten Runde deutlich. Mit den sogenannten „Magic Moment Songs" erinnern die Titelanwärter nochmals an ihren Lieblingssong aus der gesamten Staffel. Melissa Heiduk wählt ihren Casting-Song „Breathe Easy" (Blue). Mit ihrer rauchigen Stimme schafft sie magische Bühnenmomente, und das ganz ohne Stroboskopinszenierungen, wie sie Mentor HP Baxxter eigentlich so sehr mag. Björn Paulsen dreht zum Ende nochmals richtig auf. Vielleicht ist ihm klar geworden, dass das sture „Ich bin so bodenständig wie ich bin" nicht mehr ausreicht.

Eine lässige Version von Cluesos „Chicago" kann da schon mehr. Björn wächst zum guten Schluss über sich hinaus, ist endlich „vom Opfer zum Täter" (Sandra Nasic) geworden. Das kann ihm keiner mehr nehmen, dementsprechend stolz ist seine Mentorin Sarah Connor dann auch. Mrs. Greenbird sind schon in den Download-Charts — und deshalb keinen Deut eingebildet. Der Erfolg scheint das Duo aber zu beflügeln: Nach ihrem „You're the One That I Want" hat man das Original aus dem Musical „Grease" vergessen. Sie sind niedlich, freakig und dabei einfach gut. Das Publikum dankt es ihnen mit Begeisterungsschreien. „Ein Stern ist geboren, und ich war dabei" konstatiert Sarah Connor ganz gerührt.

Dürfen mit Alanis Morrisette singen: Mrs. Greenbird (Bild: VOX)
Dürfen mit Alanis Morrisette singen: Mrs. Greenbird (Bild: VOX)

Auch in den „Starduellen" wird den Anrufern die Entscheidung nicht leicht gemacht. Die Berliner Rotzröhren von MIA. und das ruhige Nordlicht Björn Paulsen sind eine krasse Mischung: Gegensätze ziehen sich an, Björn taut auf, er und Sängerin Mieze sind beim gemeinsam performten Song „Fallschirm" dazu noch richtig lustig anzusehen. Ebenfalls ohne Berührungsängste mit ihrem Star ist Melissa Heiduk. Mit Ne-Yo zusammen singt sie dessen Hit „Closer" und macht daraus mal eben eine ganz eigene Nummer mit Stil und Energie. Für Mrs. Greenbird-Sängerin Sarah Nücken wird ein Traum wahr. Alanis Morissette ist ihr Idol und sie darf jetzt mit ihr und ihrem Partner Steffen Brückner den Ohrwurm „Ironic" singen. Sarah fühlt sich deshalb ein bisschen wie an Weihnachten — die akustisch begleitete und dreistimmig gesungene Ballade ist auch für die begeisterten Zuschauer ein Geschenk. Doch auch wenn es jetzt am allerschönsten ist: Einer muss gehen, und das ist Björn.

Hyper-Hyper-Hymne versus akustisches Märchen

Bei der alles entscheidenden letzten Runde mit dem potentiellen Siegertitel greifen Melissa und ihr Mentor tief in die Effektekiste — zu tief. Die kitschige Rock-Hymne „Send Me An Angel" von den Scorpions klingt in neuer Hyper-Hyper-Version trotz typisch Baxxter'schen Techno- und Dance-Einsprengseln altbacken, lahm und gewollt. Die Akustiknummer „Shooting Stars & Fairy Tales" dagegen ist eine Eigenkomposition von Mrs. Greenbird und hat richtig Drive, ohne ein Feuerwerk von Spezialeffekten abfackeln zu müssen. Nach der gelungenen Darbietung erkennt sogar HP Baxxter das Hitpotential des kleinen, feinen Liedes. „Die Nummer schreit nach einem Remix", ist von seiner Seite das größtanzunehmende Kompliment. Sarah Connor ist da deutlicher und macht eine klare Anrufempfehlung in Richtung des Duos.

Kann sich für ihre Schützlinge Mrs. Greenbird freuen: Sandra Nasic (Bild: VOX)
Kann sich für ihre Schützlinge Mrs. Greenbird freuen: Sandra Nasic (Bild: VOX)

Verdiente Gewinner, glückliche Mentorin

Und so kommt es auch: Melissa Heiduk scheidet aus; die Zuschauer belohnen Mrs. Greenbird für ihren ganz besonderen „X Factor". Verdient wird für Sarah Nücken und Steffen Brückner — und natürlich auch für ihre Mentorin Sandra Nasic — ein Märchen wahr. Mit diesem Happy End geht eine manchmal zähe, aber immer faire und durchaus unterhaltsame dritte Staffel „X Factor" zu Ende. Wir sind gespannt auf's vierte Mal!

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